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Fakten zur Aufführung 

LE GRAND MACABRE
(György Ligeti)
17. März 2012
(Premiere)

Staatstheater Mainz


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Hoch die Tassen

Die Stadt, wie sie singt und lacht? „Der“ Mainzer hätte doch merken müssen, dass ihn da etwas Besonderes erwartet im Staatstheater. Denn so weit weg von der Jeckenschau ist die Oper Le Grand Macabre von György Ligeti nicht, zeigt er doch ein menschliches Panoptikum, vom falschen Propheten bis zur gruppendynamisch beeinflussten Masse, vom schrägen Astrologen bis zu liebestollen Frauen, vom Fürsten, der nichts zu sagen hat, bis zu streitenden, albernen Ministern. Und alle bewegen sich im imaginären Breughelland, dessen Figuren per Video eingeblendet werden, denn der flämische Maler hat die menschlichen Karikaturen schon längst in Bilder gefasst.

György Ligeti hat Le Grand Macabre als parodistisches Kabinett angelegt und dazu eine groteske Klangwelt entwickelt. Die wird vom Philharmonischen Staatsorchester Mainz in grellen Farben und knackiger Präzision zugeliefert, denn Generalmusikdirektor Hermann Bäumer beweist hier straffe Führung und pointiertes Klangbewusstsein. Die Bühnengestaltung von Paul Zoller mit den Kostümen von Katharina Gault gibt Regisseur Lorenzo Fioroni vielfältige Möglichkeiten, seine Figuren in fröhliche oder auch angstvolle Situationen zu werfen, aus denen sie dem drohenden Weltuntergang, der trotz eines heftigen Knalls keiner ist, in fast bacchantischem Übermut entgehen. Mainz, wie es singt und lacht und sehr viel trinkt.

Denn Piet vom Fass, den der Wagner-gestählte Alexander Spemann als trinkfesten, liederlichen Pfaffen vorstellt, hat sehr viel Profil, wie auch Nekrotzar, dem Bassist Stefan Stoll prächtige Züge einen größenwahnsinnigen Verrückten beimischt. In der Galerie menschlicher Eitelkeiten, Schwächen und ironisch gebrochener Figuren sind Tatjana Charalgina und Patricia Roach als lesbisches Liebespaar Amanda und Amando – ganz in bräutlichem Weiß – hübsch und sängerisch girrend; Hans-Otto Weiss als unentschlossener Astrologe Astradamors überlässt die eheliche Regie der unbefriedigten Gattin Mescalina, die ihn zum Entzücken des Publikums ordentlich züchtigt – Sanja Anastasia bewegt sich wie ein Irrwisch in der Szene. GoGo, Fürst von Breughelland, wird von Vida Mikneviciute als nichtssagend-attraktive Moderatorin vorgestellt, während die nur körperlich zierliche Hyon Lee in Mehrfachrollen glänzt. Dazu kommt allerlei Fußvolk in kleineren Rollen, und viele Choristen haben intensiv zu tun, einstudiert von Sebastian Hernandez-Laverny.

György Ligeti gibt die Richtung einer Inszenierung selbst vor: „Jetzt raus mit der Sprache: Überleben wir, Ja oder Nein? Schenkt ein! Prost! Ex!“

Dem Publikum in der nicht ausverkauften Premiere gefiel das Spiel mit Satire und tieferer Bedeutung sehr gut.

Eckhard Britsch







Fotos: Martina Pipprich