Geopfert
Harry Kupfer inszeniert an der niederländischen Opera Zuid den Opfergang einer Frau zu Zeiten einer selbstzerstörerischen Ideologie: Katja steht ehrlich zu einer emotionalen Indentität, umgeben von Machtgierigen, Heuchlern, Egoisten und Hilflosen.
Hans Schavernochs Bühne wird bestimmt durch eine öde Taiga-Ebene mit riesigen Sumpfwurzeln und einem Strom-Mast ohne Leitungen.
Yan Tax schafft düstere Kostüme im Stil der altrussischen Landbevölkerung: Die Personen geistern wie Marionetten durch eine unmenschliche Landschaft – gesteuert von unbegriffenen Mächten.
Mit Johanni von Oostrum interpretiert eine außergewöhnlich authentische Katja diesen Opfergang einer gepeinigten Frau: darstellerisch ergreifend, stimmlich die Janáček-Klänge differenziert-flexibel vermittelnd. Elmar Gilbertsson gibt dem Kudrjas hell-emotionalisierenden Tenor. Henk van Heijnsbergen ist ein gewalttätig-sturer Dikoj mit strömendem Bass. Mark Duffin vermittelt mit sensiblen Tenor einen unsicheren Boris. Miranda van Kralingen erscheint als statuarische Kabanicha, stimmlich präsent! Michael Baba gelingt als feigem Tichon eine eindrucksvolle Charakterstudie mit diffizilem Tenor. Karin Strobos beeindruckt mit variablem Mezzo als lebensfrohe Varvara und äußerst intensiver Stimmgebung.
Jacques de Faber (Kuligin), Marjolein Bonnema (Glasa) und Saskia Voorbach (Fekluscha) bestätigen mit ihren Auftritten die lebendige Kompetenz des Ensembles der Opera Zuid.
Die Musiker des Limburgs Symfonie Orkest interpretieren die Janáček-Musik mit spürbaren Engagement. Stefan Veselka fokussiert die Elemente des Janáček-Genius: Tschechische Klänge, spätromantische Andeutungen, atonale Passagen - immer im Bewusstsein der interpretierenden Tempi und der deutenden Dynamik, mit beglückend hörbarer Transparenz aller Instrumente. Und: Eine bezwingende Übereinstimmung von Bühnenhandeln und Musik!
Das so vielfältige Publikum im Maastrichter Theater erlebt einen Triumph der kreativen Opera Zuid, feiert Sänger, Musiker und das Regie-Team - und hofft trotz aller kulturpolitischen Ignoranz der rechts-konservativen niederländischen Regierung auf weiteres kritisches Musiktheater auf diesem Niveau.
Franz R. Stuke
|