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Fakten zur Aufführung 

THAΪS
(Jules Massenet)
24. November 2013
(Premiere am 17. Mai 2013)

Theater Lübeck


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Von Sünde und Bekehrung

Die Méditation von Jules Massenet kennt jeder Klassikfreund. Doch dass das sentimentale Orchesterintermezzo mit Violinsolo aus der Oper Thaïs stammt, ist weniger geläufig. Denn das ganze Werk kann man zwar auf etlichen Schallplatten hören, aber live nur sehr selten sehen. Wie es überhaupt die Opern Massenets auf deutschen Bühnen schwer haben. Das Theater Lübeck bildet da eine Ausnahme, setzte schon vor gut zehn Jahren nicht nur den bekannten Werther, sondern ebenso die Märchenoper Cendrillon und als deutsche Erstaufführung sogar das religiös angehauchte Drama Griselidis auf den Spielplan und spielt nun auch Thaïs.

Die dreiaktige Comédie lyrique, 1894 in Paris mit Erfolg uraufgeführt, ist ein veritabler Schmachtfetzen. Im antiken Alexandria bekehrt der Mönch Athanaël die Kurtisane Thaïs. Doch als sie sich tatsächlich zu Gott bekennt und in ein Kloster geht, entbrennt er selbst in Liebe zu ihr. Ein Happy End gibt es nicht; Thaïs stirbt.

Die schwülstige Handlung und das orientalische Kolorit können ein Regieteam leicht dazu verführen, aus Thaïs üppigstes Ausstattungstheater zu machen. Doch Marc Adam verzichtet in seiner Inszenierung auf exotische Opulenz und jeden Pomp. Stattdessen interessiert sich der Regisseur mehr für die Seelenlagen seiner Figuren und legt das Gewicht auf eine differenzierte Auslotung des Beziehungskonflikts.

Die Ensembleauftritte sind sehr unterschiedlich geraten. Während die Klosterbilder, auch durch die stimmungsvolle Beleuchtung, Atmosphäre haben, sind die Festszenen, in denen eine gelangweilte Spaßgesellschaft sich zu amüsieren versucht, wenig gelungen. Das liegt mit an der nüchternen, kalten Kulisse von Roy Spahn – ein sich je nach Schauplatz drehendes Gerüst – und an Pierre Alberts unvorteilhaften Einheitskostümen der Partygäste, die das ganze Gegenteil zu seinen schönen Nonnen- und Mönchsbekleidungen bilden.

Gegenüber der Premiere sind alle drei Hauptrollen neu besetzt. Thaïs hat jetzt die gastierende Französin Anne Sophie Duprels übernommen. Sie singt die anspruchsvolle Rolle, die in der Uraufführung von Massenets Lieblingsprimadonna, der glamourösen Amerikanerin Sybil Sanderson und in letzter Zeit von ihrer Landsmännin Renée Fleming verkörpert wurde, sehr differenziert und mit bemerkenswerten Pianohöhen, wenn auch nicht immer ganz sauber intoniert. Als Athanaël demonstriert Antonio Yang mit balsamischem Bariton wunderbare vokale Kultiviertheit, macht darstellerisch aber wenig aus der Zerrissenheit des Mönches. Den Nicias gibt Daniel Jenz mit geschmeidigem, höhensicheren Tenor. Steinunn Skjenstad, Wioletta Hebrowska und die koloraturgewandte Leonor Amaral verströmen als begleitende Kurtisanen homogenen Schönklang.

Jan Michael Krüger zeigt viel Gespür für Massenets üppigen Orchesterklang und entwickelt mit dem Philharmonischen Orchester Lübeck das rechte Maß zwischen Sentiment und Sinnlichkeit. Der inbrünstig wie sinnlich tönende Chor, von Joseph Feigl einstudiert, trägt mit zum musikalischen Gelingen bei.

Das Publikum der gut verkauften Nachmittagsvorstellung spart nicht mit Beifall, durchsetzt mit Bravorufen für Anne Sophie Duprels.

Karin Coper

Fotos: Oliver Fantitsch