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Fakten zur Aufführung 

MY FAIR LADY
(Frederick Loewe)
2. Dezember 2011
(Premiere am 18.11.2011)

Theater Lübeck

Points of Honor                      

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Feiner englischer Witz

Eigentlich ist die Geschichte von My Fair Lady ziemlich unsympathisch. Ein überheblicher Phonetik-Professor, der gegenüber nahezu jedem Menschen den Respekt verloren hat, nimmt ein Mädchen von der Straße in seine Obhut und verschafft sich seine Belustigung und Genugtuung durch die Wette, diesem Mädchen namens Eliza „richtiges“ Englisch beizubringen. Dieser Mann, Professor Higgins, behandelt Eliza mit vernichtender Abschätzigkeit. Wie gut jedoch, dass die junge Frau so gar nicht auf den Mund gefallen ist. Was ebenso gut der Beginn eines Dilemmas sein könnte, wird durch eben jene Keckheit, Fröhlichkeit, Unverdrossenheit und Liebenswürdigkeit, die neben Eliza vor allem ihr Vater Alfred Doolittle und Higgins‘ Freund Oberst Pickering ins Geschehen einbringen, zur rührenden Komödie.

Jürgen Pöckel setzt mit seiner Inszenierung auf ein modernes London voller gängiger Klischees. Es ist permanent neblig-verraucht, und natürlich dürfen weder die berühmten roten Telefonzellen noch die typischen Autos „von damals“ fehlen. Anspielungen ans Zeitgeschehen kommen gleich in der ersten Szene ins Spiel, in der Eliza ihre Blumen neben dem roten Teppich an diverse Film- und Fernsehberühmtheiten, etwa Mr Bean, verkaufen möchte. Die Regie legt ihren Fokus auf den Anfang und die Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehung zwischen Higgins und Eliza, ohne jedoch die  charmant-witzigen Pointen der übrigen Handlungsstränge zu vernachlässigen.

Mit einem Augenzwinkern entwirft Andrea Hölzl das Studierzimmer in Higgins‘ Haus. Hier ist von der Wandtapete bis zum mit Stoff bezogenen Telefon und den Kleidern von Higgins und Eliza alles in typischen Burberry-Karos ausstaffiert. Ob das auf das kleinkarierte Denken des Professors schließen lassen soll, ist sicher Interpretationssache. Eines der vielen hervorzuhebenden Details ist der hervorragend inszenierte Auftritt der Königin von Transsylvanien und ihres Prinzgemahls auf dem Ball, zu dem Higgins Eliza mitnimmt, um dort die erworbenen Sprachkenntnisse gleich in bester Gesellschaft anzubringen.

Katharina Schutza spielt eine charakterfeste Eliza Doolittle, die sich auch nach noch so vielen Beschimpfungen nicht zermürben lässt. Ihre schauspielerisch große Leistung ergänzt sie durch facettenreiche stimmliche Kompetenzen. Hervorragend in jeder Hinsicht ist Steffen Kubach als Professor Higgins, der seiner Rolle durch seinen ausdrucksstarken und modulationsfähigen Bariton starkes Profil verleiht. Dietrich Neumann als Oberst Pickering und Hannes Gastinger als Vater Doolittle sprühen vor Charme und Frohsinn. Martina Flatau spielt die liebenswürdige, aber in ihrer engen Welt gefangene Haushälterin Ms Pearce. Herrlich ironisch  verkörpert Rosita Mewis die Rolle der Mutter Higgins. Liebevoll nimmt sie Eliza unter ihre Fittiche, während sie für ihren Sohn nur Hohn aufbringen kann. Auch Titus Witt alias Freddy Eynsford-Hill, der so sehnsüchtig auf die Liebe Elizas wartet, ist in seiner Rolle absolut überzeugend und charmant.

Musikalisch liegt der Abend in den Händen von Ludwig Pflanzl, der das Orchester schwungvoll durch die Partitur führt. Jede Zäsur des Bühnengeschehens nutzt er, um mit seinen Musikern, diese Lücken nicht nur zu schließen, sondern dabei kräftige Akzente mit Loewes Partitur zu setzen.

Das Publikum singt bei den bekannten Stücken mit, wiegt sich zu ihnen im Takt. Viele Lacher kommen als Reaktion auf die komischen, skurrilen und unerwarteten Begebenheiten auf der Bühne. Am Ende steht begeisterter Applaus.

Agnes Beckmann






 
Fotos: Lutz Roeßler