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Fakten zur Aufführung 

DIE WALKÜRE
(Richard Wagner)
22. März 2014
(Premiere)

Landestheater Linz


Points of Honor                      

Musik

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Unterkühlter Ritt der Walküren

Die Zeitreise durch die Menschheitsgeschichte geht weiter. War am Landestheater Linz der Vorabend des Ring des Nibelungen von Richard Wagner, nämlich Das Rheingold vom Oktober letzten Jahres in einer archaischen Urzeit mit nomadisierenden Göttern irgendwo an der Wiege der Menschheit angesiedelt, so rückt Die Walküre nun schon näher an die Gegenwart.

Uwe Eric Laufenberg lässt den ersten Abend der Tetralogie in der ersten Hälfte des konfliktreichen 20. Jahrhunderts, so zwischen 1914 bis 1945, stattfinden. Es herrscht Krieg, schon von Beginn an. Bereits beim Vorspiel geht die Jagd los. Auf der Bühne von Gisbert Jäkel, die er in zwei Etagen unterteilt hat, sieht man uniformierte Männer mit Gewehren und Taschenlampen im oberen Stock auf der Jagd nach Siegmund. In dessen Nähe erscheint auch sonst immer wieder Brünnhilde, die den Wälsung scheinbar schützen will. Zu ebener Erde erkennt man den großen Innenraum eines Landgasthauses mit Theke, Tischen und auch mit dem dicken Stamm einer Esche mittendrin. Dazu hat der Regisseur auch zwei stumme Beobachterinnen erfunden, ein junges Mädchen und eine ältere Frau, deren Rollen sich jedoch nicht ganz erschließen. Den zweiten Akt lässt er überhaupt gleich in einem zeltartigen Befehlsstand spielen, wo Wotan und seine Offiziere in Fantasieuniformen, die von Antje Sternberg ersonnen wurden, Kriegsrat halten. Fricka erscheint hingegen im langen Abendkleid. Während der Todesverkündigung erscheint Siegmund wie ein Traumbild Walhall mit Wotan, seinen Helden und den Wunschmädchen. Sieglinde fällt, nachdem sie gefunden wurde, einer Massenvergewaltigung der Kumpanen von Hunding mit dessen Billigung zum Opfer. Ansonsten gibt es in diesem Akt wenig Aktion. Meist wird herumgestanden und noch mehr herumgesessen. Schließlich überrascht zum Finale, während des musikalisch ja bekanntermaßen recht pompösen Walkürenritts, der wirkliche Ritt einer Walküre auf einem echten Pferd auf der Bühne über mehrere Runden in einer schäbigen Reithalle. Als ganz besonderen Regieeinfall lässt man dann Brünnhilde zum Finale in einer Art steinernen „Walkürenstatue“ einmauern, bevor alles mehr oder weniger stimmig mit Feuerschalen und einem Feuerkreis wie auch mittels Videoprojektionen in Flammen aufgeht. Und schließlich zeigen die Projektionen auch das Bombardement von brennenden Städten durch Flugzeuge.

Abgesehen von diesen mehr oder weniger wirkungsvollen Ideen ohne besondere Deutung ist die Personenführung zwar nachvollziehbar und handwerklich geschickt, aber konventionell und harmlos.

Sehr durchwachsen ist die Sängerriege: Michael Bedjai als Siegmund findet sehr textverständlich nach anfänglicher Brüchigkeit und Labilität in der Stimme zu beachtlicher Kraft und zu allen Spitzentönen. Textverständlichkeit hört man auch bei Brit-Tone Müllertz, als feine, aber wenig Gefühl vermittelnde Sieglinde. Karen Robertson ist der sängerische Schwachpunkt der Produktion, die ihren Zenit bereits deutlich überschritten hat. Ihre Fricka scheint hauptsächlich aus Vibrato zu bestehen. Nicht unbedingt gewinnend ist auch Elena Nebera mit ihrem sehr dunklen Timbre, für die die Brünnhilde noch zu früh kommt. Leider singt sie wenig verständlich und in der Mittellage unartikuliert, ja, regelrecht mulmig. Gerd Grochowski ist ein sehr nobler, fassettenreicher Wotan mit keinem allzu großen Volumen. Eine Luxusbesetzung hingegen ist Albert Pesendorfer, ein Hunding zum Fürchten mit schwarzem, mächtigem Bass, immer wieder mit der Hand am Fleischerbeil und seine Frau brutal misshandelnd. Untadelig singen die übrigen Walküren in braunen Ledermänteln und Fliegermützen.

Besser wäre es, wenn Dennis Russell Davies am Pult des gut disponierten Bruckner Orchester Linz weniger auf Sicherheit und allzu exakten Zusammenhalt achten würde. Denn durch sein allzu akademisches Dirigat, das auch gewisse Phrasen teilweise zu sehr zerdehnt, bleiben viele tiefe, notwendige Gefühle, extreme Steigerungen und gewünschte, eruptive Spannungen auf der Strecke.

Trotzdem gibt es anschließend großen Jubel und einige ganz wenige, schüchterne Buhs im seltsamerweise nicht vollen Saal.

Helmut Christian Mayer







Fotos: Karl Forster