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Fakten zur Aufführung 

DER SCHATZGRÄBER
(Franz Schreker)
17. September 2013
(Premiere am 12. September 2013)

Bruckner-Fest Linz, Tabakfabrik


Points of Honor                      

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Sinnliches Klangbild mit Sogwirkung

Man kann sich heute schwer vorstellen, dass Franz Schreker vor rund hundert Jahren als einer der bedeutendsten, deutschen Opernkomponisten nach Richard Wagner galt und zeitweise populärer war als Richard Strauss. Seine Werke und besonders seine Opern wurden häufig aufgeführt und vom Publikum sehr geschätzt. All das machte jedoch das Nazi-Regime zunichte. Schreker wurde auf Grund seiner jüdischen Herkunft angefeindet, seine Musik wurde bald als „entartet“ gebrandmarkt und verboten. So ließ man ihn verstummen. Eine leider nur zögerliche Renaissance seines Oeuvres begann erst in den 1970-er Jahren. Unverständlich, denn seine Musikdramen enthalten ungemein schillernde und sinnliche, teils expressionistische Musik.

Deshalb ist umso erfreulicher und besonders lobenswert, dass eine Kompagnie, die sich EntArteOpera nennt, gemeinsam mit dem diesjährigen Brucknerfest Linz – Schreker hat ja einen Teil seiner Kindertage in der oberösterreichischen Hauptstadt verbracht – im Rahmen einer Projektwoche, bei der es genreübergreifend um die so genannte „entartete Kunst“ geht, sein erfolgreichstes Werk wieder aus der verborgenen Schatztruhe hervorgeholt hat: Der Schatzgräber wurde 1920 in Frankfurt am Main uraufgeführt. Dazu wählte man einen innovativen Ort, eine Halle der ehemaligen Linzer Tabakfabrik.

Und hier wird in den vielen, in einer ehemaligen, großen Produktionshalle, aufgetürmten Sandhaufen von Beginn an eifrig gegraben, denn schließlich ist man ja auf Schatzsuche. Der größte Haufen in der Mitte wird zum zentralen Aufführungsort: Rund um diesen, teils hautnah und direkt vor den Sitzreihen des Publikums lässt Philipp Harnoncourt in der sparsamen, aber idealen Ausstattung von Susanne Thomasberger, die auch sonst den riesigen Raum ideal ins Geschehen einbezieht, die teils märchenhafte Geschichte von der männermordenden Wirtstochter und den sich in sie verliebenden, fahrenden Sänger spielen. In seiner Interpretation zeigt er das als packenden Konflikt von Kunst und dem brutalen Leben, sehr dicht, emotional und mit großer Sogwirkung.

Dass dem österreichischen Regisseur das auch alles so ideal gelingt, ist aber ganz besonders auch dem spielfreudigen, relativ großen Sängerensemble zu verdanken, dessen Typenauswahl perfekt gelungen ist und das beinahe keine Schwachstellen aufweist. Dabei sticht zu allererst Alexander Kaimbacher als sowohl szenisch wie auch sängerisch ungemein intensiver Narr mit beeindruckender Mimik und Gestik hervor. Roman Sadnik ist ein fassettenreicher fahrender Sänger Elis, dessen Tenor vom Komponisten immens gefordert wird, Ingeborg Greiner ist eine ausdrucksstarke Wirtstocher Els. Weiters beeindrucken: Sebastian Soulés als charakterlich fieser, stimmlich sehr markanter Vogt sowie Dirk Aleschus als würdiger König.

Eine starke Sogwirkung erzeugt auch das Israel Chamber Orchestra unter Martin Sieghart: Leider wählte man wahrscheinlich aus Gründen der Sparsamkeit nicht die Originalversion von Franz Schreker, sondern eine insgesamt zwar sehr gelungene Bearbeitung für Kammerorchester von Werner Steinmetz, die jedoch den Klangreichtum der Originalpartitur nicht ersetzen kann. Trotzdem gelingt es den Musikern und dem stets animierenden Dirigenten, eine dichte klangliche Sinnlichkeit wie auch ein hohes Maß an Sensibilität, Farbenreichtum und Transparenz zu verströmen.

Das Publikum, das von zwei steilen Tribünen das Geschehen in der Mitte betrachten und das seitlich situierte Orchester, was akustisch nicht ganz unproblematisch ist, hören kann, ist von der Produktion sehr angetan und applaudiert heftig.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Julia Fuchs, Dietmar Tollerian