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Fakten zur Aufführung 

DER ROSENKAVALIER
(Richard Strauss)
15. April 2013
(Neueinrichtung für das Neue Musiktheater am Volksgarten - Premiere im alten Landestheater im Mai 2012)

Landestheater Linz


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Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding

Der Kreis hat sich geschlossen. Wie schon zu Beginn, als es nur ein Traum ist, steht die alternde Marschallin auch zum Schluss wieder ganz allein vor der Spiegelwand und betrachtet traurig und wehmütig ihre verlorene Jugend, während sich im Nebenraum das junge Paar Sophie und Octavian verzückt verliebt in den Armen liegt. Wie vorausgeahnt ist ihre schlimmste Befürchtung eingetroffen: Ihr junger Liebhaber hat sie verlassen und einer jüngeren zugewandt. Da nähert sich ganz langsam ein skurriler Totentanz, vom Tod persönlich angeführt, dem alle anderen Protagonisten folgen. Auch die Marschallin schließt sich diesem an und entschwindet. Und der kleine, entzückende Amor, der immer bei sämtlichen Liebesszenen auftaucht, erscheint nochmals vergnügt herumspringend und schießt seine Liebespfeile diesmal ins Publikum ab.

So emotional tiefgehend und ergreifend endet im Neuen Musiktheater Linz am Volksgarten Der Rosenkavalier von Richard Strauss. Die Premiere fand im Mai des vergangenen Jahres noch im alten, kleinen Landestheater statt. Die damals schon von Erfolg gekrönte Produktion wird jetzt im neuen, großen, beeindruckenden Opernhaus wiederaufgenommen und neu eingerichtet. Regisseur Anthony Pilavachi weiß aber auch mit viel Liebe zum Detail in seiner an sich klaren, konventionellen Inszenierung, die die Geschichte einfach und librettogetreu erzählt, zu faszinieren. „Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding“: So wie es die Marschallin in ihrer wunderbaren Arie einfühlsam und rührend besingt, so stellt er die Vergänglichkeit, den unabänderlichen Ablauf der Zeit in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Tiefenpsychologisch und oft nur mit kleinen Blicken und Gesten, aber immer ausgefeilt, gelingt es ihm, die Gefühle der Protagonisten, etwa bei der Überreichung der silbernen Rose und dem ersten Aufblitzen der jungen Liebe, in etwas kühlen, verspiegelten, stilisierten Kulissen mit durchaus ästhetischer Wirkung und in geschmackvoll historischen Kostümen, in der Ausstattung von Tatjana Ivschina, offenzulegen. Er lässt aber auch durchaus Humor, dort wo es passt, zu. So dinieren etwa der Ochs und das vermeintliche Mariandl im dritten Akt in einer Badewanne voll Schaum.

Für die Galavorstellung im Rahmen des Eröffnungsreigens des neuen Musiktheaters hat man auch einige Stars aufgeboten. So singt und spielt Anne Schanewilms eine sehr elegante Feldmarschallin mit gepflegter Kultiviertheit, hellem, klaren, jugendlichen Timbre und großem, emotionalen Tiefgang . So ist Kurt Rydl ein zwar polternder, nicht immer ganz verständlicher Ochs, der diese komödiantische Leibpartie mit ungemeiner Präsenz, Witz und mächtiger Basstiefe, aber auch Vibrato ausfüllt. Und auch die Ensemblemitglieder können da mithalten: Mari Moriya ist eine entzückende Sophie mit ebensolcher Stimme und glockenreinen Tönen, die noch etwas an ihrem Deutsch feilen sollte. Valentina Kutzarovas ist ein jugendlich ungestümer Octavian mit einem zwar schönen, aber für das große Haus doch etwas zu kleinen Mezzosopran. Clemens Unterreiner ist zwar für den Faninal sehr jung, singt ihn aber ideal, neigt jedoch darstellerisch zum Outrieren. Christa Ratzenböck ist eine auffallend gute Annina, mit viel Spielwitz ausgestattet. Pedro Velázquez Díaz gestaltet den Sänger sehr angestrengt und gepresst. Auch die vielen kleineren Rollen, durchwegs vom Ensemble besetzt, und der Chor unter Leitung von Georg Leopold meistern ihre Aufgabe mit großer Hingabe.

Dennis Russell Davies am Pult des Bruckner-Orchesters wählt teils recht eigenwillige Tempi. So manches wirkt zudem zu „straight“. So manche Phrase hätte er mehr auskosten können. Beim extrem schlanken Orchesterklang hätte man sich die Streicher öfters strahlender gewünscht. Und so gelingt es nicht immer, den weichen Wohlklang, die immer wieder gebrochene Walzerseligkeit und den berührenden Charme der genialen Musik auszuleben. Aber er vermittelt viele Feinheiten und viel kammermusikalische Durchsichtigkeit.

Das Publikum ist uneingeschränkt begeistert und spendet viel Applaus.

Helmut Christian Mayer







Fotos: Reinhard Winkler