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Fakten zur Aufführung 

DAS UNMÖGLICHSTE VON ALLEM
(Anton Urspruch)
22. September 2011
(Premiere)

KulturStadtLev Forum


Points of Honor                      

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Nach der Premiere

Peter Pachl erzählt, wie er die längst ver-gessene Urspruch-Oper entdeckt und sie zur Aufführung gebracht hat, aber auch, welche Idee hinter der Insze-nierung steht (4'14).


 

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Widersprüchliches

Der erste Eindruck ist enttäuschend. Der Saal ist kaum zu mehr als einem Viertel gefüllt. Ist das Leverkusener Publikum im direkten Einzugsgebiet von Köln und Düsseldorf so übersättigt, dass es selbst die Aufführung einer eben wiederentdeckten Oper in der eigenen Stadt ignoriert? Am Regisseur jedenfalls wird es weniger liegen. Peter Pachl hat sich – und die Öffentlichkeit – akribisch vorbereitet. In der Zeit von anachronistischen Ehrenmorden, sagt er, sei das Stück aktuell wie eh und je. Diese Aktualität spiegelt die Aufführung dann allerdings kaum wider. Vielmehr ist sie unbedeutend zeitlos, und das liegt sicher auch am eigenartigen Bühnenbild von Robert Pflanz. Das besteht im Wesentlichen aus einem großen Tuch der Sorte „Camouflage in rosa“, das durch allerlei Aufzüge seine Form verändert. Ein kleines Budget gehört heute in den Alltag eines Bühnenbildners, das ist die Herausforderung, die mit Fantasie, aber nicht mit den Mitteln des Schülertheaters zu beantworten ist. Auch in den Kostümen ist viel Einfachheit, aber kaum Einfall zu bemerken. Wenn es in der Verkleidungsrolle dann gar nur zum Neger mit schwarzer Wollperücke reicht, wird das dem Werk aus heutiger Sicht kaum mehr gerecht, Originalfassung hin oder her.

Als „Uraufführung in Originalfassung“ wird das Stück angekündigt, „aufgepeppt“ wird es mit allerlei Klamauk statt Komik, anstatt sich dann auch in Kostüm und Requisiten dem Original anzupassen. Pachl behält die musikalische Urfassung bei, und das bedeutet eine dreistündige Aufführung. In der das unsägliche Steckenpferd – also doch Originalfassung – ebenso wieder auftaucht wie aufblasbare Plastiktiere aus dem Bassin. All das ist in sich nicht schlüssig und hinterlässt einen faden Geschmack.

Dabei wird das der Aufführung eigentlich nicht gerecht. Darstellerinnen und Darsteller leisten ordentliche Arbeit. Streckenweise erinnert die Musik, wie Pachl bemerkt, tatsächlich an die Musik Mozarts, wenn auch Differenziertheit und Schwierigkeitsgrad dahinter zurückbleiben. Aber es „perlt“ schon mal. Die Königin, von Rebecca Broberg dargestellt, nimmt die Rolle der Erzählerin ein und sorgt für Lichtblicke, aber auch Erläuterung, was das Unmöglichste von Allem wohl sein könnte. Anne Wieben verleiht der Diana alle Möglichkeiten ihres Mezzosoprans und ist damit schön anzuhören. Das Highlight des Abends stellt sicher die junge Caterina Maier dar, die der Rolle der Celia tatsächlich komische Züge verleiht und die Koloraturen auch schon mal sehr keck präsentiert. Während Matthias Grätzel dem Lisardo sowohl stimmlich wie auch darstellerisch Leben einhaucht, mag Robert Fendl als Roberto nicht so recht zu überzeugen. In der Stimme ein wenig bemüht, stellt er sich in jungen Jahren wie ein Uralt-Bariton auf die Bühne, bewegt sich, als habe er einen Stock im Rücken und gestikuliert wie Iwan Rebroff in seiner Weihnachtsshow. Da überflügelt ihn sein Hausmeister: Fulgencio – Victor Petitjean spielt hier den ein wenig tölpelhaften Kommentator – hadert mit den beiden komischen Figuren Pedrillo und Catarina, ohne seinen Bass wirklich ausspielen zu können.  Bleibt neben all den anderen untadelig Singenden noch Ramon zu erwähnen, Lisardos treuer Diener, den Ralf Sauerbrey mit schwarz angestrichenem Gesicht unter bereits erwähnter Wollperücke sehr sympathisch spielt und ebenso ordentlich singt.

Israel Yinon begleitet das Geschehen mit dem Orchester des Sorbischen National-Ensembles Bautzen, ja, man möchte fast sagen, unauffällig. Drei Stunden Spiel, da heißt es, mit den Kräften haushalten und dabei das Publikum zu unterhalten. Genau das gelingt den Musikern. Ohne Fehl und Tadel und Höhepunkte erreicht das Orchester das Ziel.

Inmitten der Woche eine dreistündige Aufführung zu veranstalten, scheint ohnehin eine mutige Entscheidung. Da darf es letztlich nicht verwundern, wenn das Publikum, das am Ende noch geblieben ist, zumindest brav applaudiert, das Theater dann aber auch so rasch wie möglich verlässt.

Bei aller Sympathie für Peter Pachl und seine Arbeit: Mitunter ist es ganz gut, wenn Opern in Vergessenheit geraten. Wenn sie dann wiederentdeckt werden, kann es hilfreich sein, sie gründlich zu überarbeiten, vor allem zu kürzen, um sie unter einem originellen Blickwinkel einer interessierten Öffentlichkeit zum geeigneten Zeitpunkt erneut zu präsentieren. Dann können möglicherweise auch die Widersprüche zwischen gewollt und gekonnt aufgelöst werden.

Ach so: Frau’n, die lieben, hüten, ist – das Unmöglichste von Allem!

Michael S. Zerban






 
Fotos: Robert Pflanz