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Fakten zur Aufführung 

LA TRAVIATA
(Giuseppe Verdi)
21. Februar 2013
(Einmaliges Gastspiel)

Forum Leverkusen


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Vom Weg abgekommen

Die Traviata in Leverkusen als Gastspiel des Landestheaters Detmold. Von dort ist man Qualität gewohnt, da darf man sich doch auf einen gelungenen Abend freuen. Denken sich auch die Zuschauer, die zahlreich erscheinen. Was gezeigt wird, ist minimalistische Rampenoper, ideal geeignet für italienische Bühnen.

Was auch immer Regisseur Kay Metzger sich dabei gedacht hat: Zeitgemäße Oper sieht anders aus. Dabei gefällt zunächst das Bühnenbild, das Petra Mollérus ebenso verantwortet wie die höchst konventionellen Kostüme. Nach hinten wird die Bühne abgeschlossen durch ein schwarzes Halbrund aus aufgespannter Gaze, in dessen Mitte eine gläserne Drehtür eingelassen ist. Die Achse der Drehtür bildet eine Vitrine, in der eine Schaufensterpuppe steht, die mit Dessous bekleidet ist. Im Laufe der Inszenierung wird sich die Vitrine als Sanduhr entpuppen, die so lange voll läuft, bis der Puppe der Sand bis zum Hals steht. Ein netter Einfall, der allerdings auch dafür sorgt, dass man die Vitrine ständig im Blick behält. Ist auch mitunter der einzige Ort, wo sich noch was bewegt.

Sehr schnell wird klar, dass die schwindsüchtige Violetta Valery dieses Abends zur Bewegungsarmut verdonnert ist. Während der Chor und die sie umkreisenden Satelliten noch so etwas wie Aktion versuchen, wird schon im ersten Bild klar: Diese Violetta ist zum Singen hier und nicht, um eine Handlung über die Bühne zu bringen. Daniela Bruera nutzt die Gelegenheit, irgendwo herumsitzen, sich anlehnen zu können oder am liebsten Bühnenmitte/Rampe zu stehen, um ihren Sopran anzuhauchen, in eine strahlende Höhe zu bringen, ehe sie ihn sanft ausklingen lässt. Wenn ein Regisseur sich zu einer „italienischen“ Inszenierung entschließt, ist er voll und ganz auf die Stimmen angewiesen. Metzger hat mit Bruera einen Volltreffer gelandet. Und je mehr die Bilder auf der Bühne zum Stillstand geraten, desto mehr kann Bruera glänzen, auch wenn die vor Ausdruckskraft strahlende Stimme zu Lasten der Verständlichkeit geht. Dabei bewegen kann sich auch noch Andreas Jören als George Germont. Von Statur und Alter irritiert er einen Augenblick als Alfredos Vater, aber sein Bariton ist rund, glasklar und voller Überzeugungskraft. Ein Erlebnis. Ein weniger glückliches Erlebnis ist Per-Håkan Precht, der sich sehr bemüht, die Emotionalität Alfredos zu zeigen, als Tenor aber das nötige Volumen und die nötige Klarheit vermissen lässt. Evelyn Krahe als Flora Bervoix, Mila Feiden in der Rolle der Annina und die übrigen Sängerdarsteller arbeiten perfekt zu und runden das Bild der schönen Stimmen an diesem Abend ab.

Nicht ganz so rund präsentiert sich das Symphonische Orchester des Landestheaters Detmold. Ekhart Wycik dirigiert mit großer Geste und hat dabei sowohl Orchester als auch Sängerdarsteller immer im Blick. Trotzdem fehlt der Musik ein wenig an Überzeugungskraft, gehen die Bläser mit Wucht in ihre Einsätze und überdecken die Tutti hier und da die Stimmen. Der Chor in der Einstudierung von Marbod Kaiser ist dementsprechend – bei aller Spielfreude – sehr damit beschäftigt, mit der Vehemenz des Orchesters standzuhalten. Das klingt dann schon mal eher etwas ruppig statt nach Verdi.

Wenn die These gilt, dass La Traviata mit der Interpretation der Valery steht und fällt, ist dieser Abend – aus gesanglicher Sicht – ein Erfolg. Dieser Auffassung schließt sich auch das Publikum an und applaudiert sehr differenziert, wobei Andreas Jören sich – verdientermaßen – noch vor Daniela Bruera einreiht. Ein paar stehende Ovationen und zwei Vorhänge später ist Schluss mit der Vorstellung. Einige Besucherinnen und Besucher haben vielleicht auch gar nicht so recht verstanden, was in dieser Oper verhandelt wurde. Denn die Übertitel, vorbildlich mit Beamer in einer Größe auf den oberen, schwarzen Bühnenrahmen gebracht, dass man sie lesen kann, ohne vom Geschehen abgelenkt zu werden, sind so notdürftig, dass man sich daraus die Handlung nicht erklären kann. Aber wenn man nur den „Eingeweihten“ Hinweise geben möchte, waren sie voll und ganz ausreichend.

Michael S. Zerban

Fotos: Michael Hörnschemeyer