Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DANISH DANCE THEATRE
(Tim Rushton)
12. Dezember 2012
(Gastspiel)

Forum Leverkusen


Points of Honor                      

Musik

Tanz

Choreografie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Ahnungsvoll bis zum Schluss

Dieses Mal hat es sich offenbar herumgesprochen, dass es wieder mal eine ganz besondere Veranstaltung im Forum Leverkusen gibt. Der Saal mit seinen rund 940 Plätzen ist gefüllt. Auf der Bühne das Dänische Tanztheater unter der künstlerischen Leitung von Tim Rushton. Es ist das einzige Gastspiel mit diesem Programm in Deutschland. Drei Stücke haben die Dänen mitgebracht. Dazu dröhnt die Musik aus der Konserve. Offenbar je nach Sitzplatz erreicht sie Lautstärken bis zur Unerträglichkeit.

In Monolith ist es das Quartet for violin, viola, cello and piano. Music for drums von Pēteris Vasks, das Tänzerinnen und Tänzer überschallt. Monolith soll nach Tim Rushton nicht nur einen Tribut an monumentale kulturelle Werke, sondern auch an die Menschen, die sie mit Anwesenheit, Glauben und Mysterien geschaffen haben, darstellen. Auf der ansonsten leeren Bühne, an deren Rückwand eine Lichtwand installiert ist, bleiben die Tänzer in den erdbraunen Kostümen von Charlotte Østergaard mehr oder minder Schemen, die sich im völlig ungenügenden Licht von Malcolm Glanville bewegen. Eine Handlung oder auch nur eine Struktur, die Rushtons Idee andeutet, wird nicht erkennbar. Die Schatten, die sich auf der Bühne bewegen, tanzen in der für Rushton typischen Choreographie, bei der rudernde Armbewegungen eine große Rolle spielen. Letztlich entbehrt die Aufführung nicht der Faszination des allen Konventionen enthobenen Tanzes, der sich bisweilen gar dem Rhythmus und der Melodie entzieht.

Bei Rhapsody ließ sich Rushton von der Komposition Shaker Loops von John Adams inspirieren. Die Lichtgestaltung von Jacob Bjerregaard ist noch radikaler als die von Glanville. Er stellt acht Scheinwerfer in den Hintergrund der ansonsten wieder leeren Bühne, die in den Saal leuchten. Auch wenn sie nicht direkt blenden, ist der Zuschauer gezwungen, in das Licht zu sehen. Glücklicherweise wechselt das Licht zwischenzeitlich zu zehn Scheinwerfern, die die Bühne von der Seite beleuchten. In diesem Fall bleiben die Tänzerinnen und Tänzer ab der Gürtellinie im Dunkel, was einem Tanz mehr als die Hälfte nimmt. Zusätzlich verdunkelt höchst überflüssiger Nebel die Bühne. Da die Choreographie mit ähnlichen Figuren aufwartet, wie sie eben in Monolith zu sehen waren, hält sich der Schaden in Grenzen. Wieder fällt auf, dass das Personal nicht zu echter Einheit findet. Selbst bei den schönen Hebefiguren wenden die Träger die Köpfe ab, so dass die Figur nicht zur Ausstrahlung kommt. Auch die Zebrastreifen-Kostüme von Østergaard lassen eine echte Aussage vermissen.

Im dritten Stück endlich wird The End of Loneliness erreicht. Es ist eine Koproduktion zwischen dem Dänischen und dem Peking-Tanztheater, für die Rushton die chinesische Kultur aus westlicher Sicht interpretieren wollte. Die für Schlagwerk komponierte Musik des Dänen Mathias Friis-Hansen reißt Publikum und Tänzer mit. Der Tanz wird martialischer und damit auch ausdrucksstärker. Thomas Bek erlaubt mit seinem Licht über weite Strecken, das Personal auf der Bühne zu erkennen. In den letzten Zügen nimmt der Abend Fahrt auf. Mia Stensgaard deutet mit ihren Kostümen sogar so etwas wie Erotik an. Das Publikum lässt sich von den dröhnenden Rhythmen gefangen nehmen, verfolgt begeistert, wie auch die Tänzer sich intensiv auf die so ganz anderen fernöstlichen Klänge einlassen. Was man in den ersten beiden Stücken nur erahnen durfte, jetzt wird es zur Gewissheit: Großartige Tänzerinnen und Tänzer haben ihre Begeisterung auf die Bühne gebracht. Und dazu braucht es nicht immer deutsche Gründlichkeit und Perfektion, sondern vor allem den Funken, der die Lunte entzündet.

Das Publikum dankt mit langanhaltendem Applaus, und rechts unten im Saal gibt es auch noch eine Gruppe johlender Jugendlicher. Und so geht im Forum Leverkusen das Jahr mit einer Explosion der Sinne zu Ende, die im kommenden Jahr gern ihre Fortsetzung finden darf.

Michael S. Zerban

 

Fotos: Bjarke Ørsted