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Fakten zur Aufführung 

MACBETH
(Giuseppe Verdi)
27. April 2012
(Premiere am 10. Dezember 2011)

Oper Leipzig


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Spielwiese grotesker Phantasien

Verdis musikalische Adaption von Shakespeares Macbeth ist eine schwarze, finstere Oper, deren Handlungsstrang auf Mord und Totschlag aufgebaut ist. Ein derartiges Sujet als farbenreiche, ja teilweise komische Groteske anzubieten, das passt nur sehr selten. Regisseur Peter Konwitschny ist genau dieses gelungen. Seine Inszenierung ist eben diese farbenreiche Groteske mit Hang zur schwarzen Komödie. Die Hexenküche wird zur Spielweise bunter, ja durchaus sympathischer Hexen, deren agiler Spieltrieb nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass hier düstere Machtphantasien produziert werden. Die Hexen lenken das Geschehen, und die Protagonisten sind nur willfährige Marionetten ihrer Macht. Lady Macbeth‘ Machtansprüche werden als ganz normaler Wahnsinn dargestellt. Es scheint, dass die Lady eine ehemalige Hexe ist, die sich für die Beziehung mit Macbeth von ihrer Vergangenheit losgesagt hat, aber immer noch die dämonische Macht und Ausstrahlung hat, um ihren Mann mehr und mehr in den Teufelskreislauf aus Machtgier und Mord zu verstricken. Am Schluss wird sie selbst wahnsinnig - und zeigt dabei menschliche Züge. Peter Konwitschny hat mal wieder mit Gespür für das Detail seine Personenregie gestaltet. Insbesondere in den Chorszenen wird deutlich, dass jeder einzelne seine persönliche Rolle hat und diese auch gestalten kann. Sein Hang zur Übertreibung und zur Groteske gelingt hier auf nachdrückliche Art und Weise. Sei es das Blut, das als rotes Konfetti spritzt, oder die Schultafel am Rand der Bühne, wo nach jedem Mord mit einem Strich die Liste der Toten durch eine Hexe erweitert wird. Konwitschny ist in der szenischen Einstudierung von Heide Stock und Verena Graubner unterstützt worden, da er krankheitsbedingt die Vorbereitungen der Premiere nicht vollständig hat umsetzen können.

Jörg Kossdorff hat für diese Inszenierung das Bühnenbild geschaffen. Seine raffinierte Ausstattung der Hexenküche, aber auch die Gestaltung des Schlussbildes mit dem wandelnden Wald ist abwechslungsreich und beeindruckend. Seine Lichtregie erzeugt die passenden farblichen Aspekte.

Michaela Mayer-Michnay hat für diese Inszenierung eine Vielfalt von Kostümen erstellt. Optischer Glanzpunkt sind die bunten Hexenkostüme, die ihnen ein sympathisches und gar nicht gruseliges Erscheinungsbild verleihen.

Leider ist die musikalische Umsetzung nicht so farbenfroh wie das Treiben auf der Bühne. Die typischen Verdi-Farben wollen sich nicht einstellen, insgesamt wirkt das Orchester uninspiriert, ja geradezu gelangweilt. Und in einigen Passagen ist das Orchester in der Begleitung der Sänger zu laut. Vielleicht ist GMD Ulf Schirmer auch irritiert durch vereinzelte Buh-Rufe, die ihn bereits vor Beginn und nach der Pause treffen. Allerdings sind die starken Buhs nach der Aufführung nicht angebracht, denn trotz aller berechtigter Kritik hat das Leipziger Gewandhausorchester unter seiner Leitung eine durchweg solide Leistung geboten. Der von Alessandro Zuppardo wieder überzeugend einstudierte Chor kann in dieser Inszenierung alle Facetten seines Könnens zeigen. Insbesondere die Damen scheinen ihren Auftritt als Hexen besonders zu genießen.

Gesanglich braucht diese Aufführung keinen internationalen Vergleich zu scheuen. Allen voran die Mailänder Sopranistin Amarilli Nizza, die mit fundierter Mittellage und dramatischen Höhen den Wandel von der machtbesessenen Lady Macbeth zur wahnsinnigen, menschlichen Frau mit intensivem Spiel charakterisiert. Insbesondere ihre Wahnsinnsarie im vierten Aufzug gerät zum sängerischen Höhepunkt des Abends. Der Bassbariton Marco di Felice gibt den Macbeth mit kräftiger Stimme und überzeugendem Spiel, insbesondere in seinen Wahnsinns-Phantasien. James Moellenhoff überzeugt als Banquo mit schwarzem Bass. Giuseppe Verano gibt den Macduff mit lyrisch-melancholischem Tenor in seiner Klagearie. Tenor Norman Reinhard singt den Malcolm mit klarer, heller Stimme.

Am Schluss ist sich das Publikum einig in seiner Begeisterung für die Sänger und den Chor, und auch die Inszenierung wird durchweg sehr positiv aufgenommen. Einzig Schirmer muss Ablehnung aushalten, aber er hat auch Anhänger im Publikum, die mit Bravo-Rufen intensiv dagegen halten. Es bleibt abzuwarten, ob diese Reaktion einmalig ist oder sie sich auch auf seine gerade begonnene Intendanz beziehen.  

Andreas H. Hölscher

 





Fotos: Andreas Birkigt