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Fakten zur Aufführung 

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER
(Richard Wagner )
26. Mai 2013
(Szenisches Konzert)

Oper Leipzig


Points of Honor                      

Musik

Gesang

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Die Macht des Ausdrucks

Wie viel Regie und wie viel Bühnenbild braucht es, um eine Wagner-Oper mit Leidenschaft, Ausdruck und tiefer Nachhaltigkeit aufzuführen? Wenn Sänger die musikalische Gestaltung des Ausdrucks voller Intensität gestalten, dazu ein bestens aufgelegtes Orchester begleitet und ein Dirigent den Musikern die Freiheit der Gestaltung lässt, wenn ausschließlich die Musik und der Gesang im Vordergrund stehen, genau dann bedarf es keiner Regie und keines Bühnenbildes, und ist trotzdem Wagner pur und voller Emotionen. So geschehen in Leipzig, wo zum Abschluss der Richard-Wagner-Festtage seine Romantische Oper Der Fliegende Holländer als szenisches Konzert auf dem Spielplan steht. Und diese konzertante Fassung ist in jeder Hinsicht ein einmaliges Erlebnis.

Mit Projektionen von romantischen Bildern des englischen Malers William Turner, die der Dirigent Anthony Bramall gemeinsam mit Johanna Mangold ausgesucht und für diese Konzertfassung zusammengestellt hat, wird die besondere Stimmung, die von der Musik ausgeht, visuell untermalt. Alle Sänger erscheinen in grau-schwarzer Kleidung, lediglich die Damen des Opernchores bringen mit ihren roten Kleidern etwas Farbe in das düstere Spiel. Ein Sessel ist die einzige Requisite auf der Bühne, die mit Gewandhausorchester und Opernchor voll belegt ist.

Die Sensation des Abends ist der Bariton Thomas J. Mayer in der Titelrolle. Mit dem Ausdruck der zerstörten, nach Erlösung suchenden Seele legt er die Gestaltung des Holländers an. Mimik und Gestik zeigen die innere Zerrissenheit dieser Figur. Sein Auftrittsmonolog Die Frist ist um im ersten Aufzug besticht durch ein kräftiges Fundament in der Tiefe und starken Höhen in den dramatischen Ausbrüchen. Sein Ausdruck und sein Gestus bei seiner ersten Begegnung mit Senta sind von einer derartigen Intensität, dass die Qualen, von denen er singt, förmlich sichtbar werden. Das große Duett mit Senta im zweiten Aufzug ist der sängerische Höhepunkt der Aufführung, die beiden Stimmen scheinen fast zu verschmelzen, denn in Christiane Libor hat Thomas J. Mayer die ideale Senta an seiner Seite. Ihr hochdramatischer Sopran ist von einer unnachahmlichen Leuchtkraft geprägt. Überzeugend ist ihre dramatische Stimmführung, in der Ballade im zweiten Aufzug wechselt sie vom zärtlichen Piano in furienhafte Ausbrüche, und im großen Duett mit dem Holländer harmoniert ihre Stimme mit Thomas J. Mayer so wunderbar, dass die Seelenverwandtschaft der beiden Figuren auch gesanglich zum Ausdruck kommt.

James Moellenhoff gibt den Daland mit wohltönendem Bass und großer Textverständlichkeit. Burkhard Fritz begeistert in der Partie des Eric mit lyrischem Schmelz und tenoraler Strahlkraft. Seine Cavatine im dritten Aufzug intoniert er mit großer Leidenschaft. Dan Karlström überzeugt als Steuermann mit kultiviertem Tenor. Sein Lied im ersten Aufzug zeigt Durchschlagskraft und lyrische Qualität zugleich und versprüht dabei Spielwitz und Charme. Karin Lovelius gibt die Mary mit dramatischem Mezzosopran.

Chor und Extrachor der Oper Leipzig sind von Alessandro Zuppardo hervorragend eingestimmt und begeistern ebenfalls durch klaren Ausdruck und Intensität. Das Gewandhausorchester überzeugt an diesem Abend durch eine beeindruckende Klangmalerei, aus der die Bläser dominant sauber hervorstechen. Die Ouvertüre in der Konzertfassung ist dramatisch kraftvoll und dynamisch, das Holländer-Motiv ist stark akzentuiert, während das Senta-Motiv eher zart und verletzlich klingt. Anthony Bramall leitet das Gewandhausorchester mit klarem Gestus und großem Engagement. Er wechselt klug die Tempi und begleitet die Sänger, besonders im großen Duett Holländer – Senta, mit Fingerspitzengefühl.

Am Schluss gibt es frenetischen Jubel und standing ovations für alle Beteiligten aus dem Publikum. Besonders Thomas J. Mayer und Christiane Libor werden gefeiert. Wenn die Macht des Ausdrucks im Gesang und in der Musik liegt, kann Wagner so intensiv sein, dass es keiner Regie und keines Bühnenbildes bedarf. Das ist bei diesem sicher einmaligen Konzert in Leipzig gelungen. Ein wahrhaft würdiger Abschluss der Richard-Wagner-Festtage in Leipzig.

Andreas H. Hölscher





Fotos: Kirsten Nijhof