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Fakten zur Aufführung 

COSÌ FAN TUTTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)
6. Juli 2012
(Premiere am 5. März 2012)

Oper Leipzig


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Und plötzlich ist alles anders

Wer des Italienischen mächtig ist, weiß, dass sich der Titel Così fan tutte – So machen es alle – ausschließlich auf Frauen bezieht. Das Stück dreht sich nämlich um die Frage, ob diese dem Mann so rätselhaften Wesen überhaupt treu sein können. Zwei junge Männer sind naiv genug, auf die Treue ihrer Verlobten hundert Zechinen zu verwetten. Auch die Frauen selber können sich gar nicht vorstellen, sich jemals für einen anderen Mann zu interessieren. Von so viel Leichtgläubigkeit herausgefordert, setzen zwei alternde Zyniker, ein Philosoph und eine Kammerzofe, alle Hebel in Bewegung, um die romantische Illusion von der ewigen Liebe zu zerstören. Die jungen Leute werden im Zuge der handgreiflichen Beweisführung in einen so heftigen Strudel emotionaler Verwicklungen gezogen, dass ihnen am Ende Zweifel kommen, ob sie es wirklich so genau hatten wissen wollen.

Man kann das Stück in seinem Nebeneinander von Witz und Ernst, von frecher Derbheit und psychologischer Feinzeichnung als heiteres Verwirrspiel um jugendlichen Liebesüberschwang oder als abgründige Analyse zwischenmenschlicher Beziehungen verstehen. Regisseur Peter Konwitschny bringt den Inhalt auf den knappen Satz: Und plötzlich ist alles anders. Mit Gespür für das Detail gestaltet er seine Personenregie. Sein Hang zur Übertreibung und zur Groteske gelingt ihm hier auf nachdrückliche Art und Weise. Konwitschny ist ein Meister der psychologischen Ausdeutung und kann Charaktere und Persönlichkeiten auf der Bühne formen. Die deutsche Textfassung von Bettina Bartz und Werner Hintze ist witzig, entstaubt und ganz auf Konwitschnys psychologische Spielchen zugeschnitten.

Jörg Kossdorff hat für diese Inszenierung das Bühnenbild geschaffen, das mit Hilfe einer Drehbühne durch die Epochen wechselt. Angesiedelt zwischen Rokoko-Palast und französischem Café hat es einen verspielten Charme und unterstreicht zum Teil die Groteske dieses Stückes. Michaela Mayer-Michnay hat für diese Inszenierung eine Vielfalt von bunten bonbonfarbenen Kostümen erstellt, die sich optisch gut in diese Inszenierung einfügen.

Die musikalische Umsetzung ist genauso farbenfroh wie das Treiben auf der Bühne. Anthony Bramall leitet das Gewandhausorchester inspiriert und mit großer Dynamik und stellt sich dabei ganz unprätentiös in den Dienst der Sänger. Der von Stefan Bilz einstudierte Chor ist in den wenigen Auftritten dieser Inszenierung stets präsent.

Die litauische Sopranistin Viktorija Kaminskaite singt mit hell glänzendem Sopran die Rolle der Fiordiligi und zeigt dabei großes emotionales Einfühlungsvermögen und stimmliche Wandlungsfähigkeit. Die Mezzosopranistin Jean Broekhuizen als Dorabella ist die ideale Ergänzung zu Kaminskaite, beide Stimmen harmonieren wunderbar in den Duetten. Jennifer Porto gibt die Despina mit viel Witz und Koketterie, ihr leichter und heller Sopran meistert mühelos alle Verzierungen dieser Partie.

Morgan Smith gibt den Guglielmo mit wohltönendem Bariton und eindringlichem Spiel, und Johannes Chum überzeugt als Ferrando mit leichtem Mozarttenor und witzigem Spiel. Jürgen Kurth ist ein hintersinniger Don Alfonso, ein Strippenzieher mit markantem Bariton und durchtriebenem Spiel.

Am Schluss ist sich das relativ junge Publikum weitestgehend einig in seiner positiven Reaktion für Sänger, Chor und Inszenierung.

Andreas H. Hölscher

Fotos: Andreas Birkigt