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Fakten zur Aufführung 

UN BALLO IN MASCHERA
(Giuseppe Verdi)
13. März 2014
(Premiere)

Slowenisches Nationaltheater Ljubljana


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Wenn die Musik zur Nebensache wird

Es gibt Kostümbildner, die haben einen ungemein ausgeprägten Sinn für massentaugliche Ästhetik und subtilen Geschmack: Alan Hranitelj ist so einer, der vielfach in Slowenien ausstattet und auf dessen neue Kreationen man immer gespannt sein kann und sich freuen darf. Jetzt durfte er bei Giuseppe Verdis Un ballo in maschera am Opernhaus Laibach die Kostüme neu kreieren: Wieder ein Fest fürs Auge.

Zuerst in blütenweißem Weiß, dann im Schlussbild in kräftigem Blutrot gemäß der Farbensymbolik sind alle Gewänder, die schmucken, an einen südamerikanischen Staat erinnernden Uniformen der Verschwörer wie auch die prächtigen Roben des Chores und ganz besonders der Protagonisten: Verspielt, edel, historisiert von geradezu luxuriöser Ästhetik. Und ebenso die Masken im Schlussbild, die teils wie Helme aussehen. Um die Wirkung besser zur Geltung zu bringen, drapiert sie der Regisseur in wohl durchdachten, wunderbar aufgefächerten, schönen Arrangements, in denen sich der Chor nur minimal tänzerisch oder stereotyp marionettenhaft bewegen darf.

Und dann gibt es Regisseure, die können punktgenau nach dem musikalischen Geschehen inszenieren: Vinko Möderndorfer ist so einer, ebenfalls in Slowenien gern gesehen. Genau zum Verschwörermotiv beim Orchestervorspiel lässt der die Verräter mit ihren weißen Uniformen aus mehreren Luken, die sich im Bühnenboden plötzlich öffnen, heraufsteigen. Und dann wird es gleich ernst, denn es wird der geplante Mord am Gouverneur geübt. Auf ein Zeichen ihres Anführers, er lässt ein rotes Tuch fallen, zücken sie ihre Pistolen und zielen auf einen einsam auf der Bühne stehenden Stuhl. Oder exakt zu den drastischen Orchesterschlägen des zweiten Bildes lässt er eine die gesamte Bühne, die von Branko Hojnik erdacht und ansonsten radikal ausgeräumt ist, einnehmende, riesige Treppe in der Mitte ruckartig aufreißen. Ein dunkler Gang wird freigegeben, der zum Reich der mystischen Wahrsagerin Ulrica führt. Oder die herunterhängenden Mumien im zweiten Akt. Und zum Finale rückt dann der Chor wie zu einem Insektenschwarm immer mehr zusammen, bis aus seinem Inneren heraus, nachdem das rote Tuch als Zeichen gefallen ist, von Renato die tödlichen Schüsse abgegeben werden. Neben der musikalischen Genauigkeit gibt es aber auch noch viele weitere, effektvolle Ideen, die in dieser Inszenierung bestechen.

Auch in Laibach zeigt man die 1859 zensierte Version, die Verdi aus dem schwedischen König Gustav III einen amerikanischen Gouverneur Riccardo machen ließ. Der Haustenor Branko Robinšak überzeugt als Riccardo mit Schmelz und den meisten Spitzentönen. Ein großer Schauspieler wird er nie werden. Joče Vidic als sein Freund, dann Feind und später sogar Mörder Renato verfügt über einen rundum kernigen, kraftvollen Bariton, der aber an seiner Pianokultur arbeiten sollte. Natalia Uschakova spielt die Amelia ziemlich überzogen und singt mit sehr abgedunkeltem Timbre und teils angestrengten Höhen. Norina Radovan gefällt als sich ständig lässig bewegender, tänzelnder Page Oscar mit sauberen Koloraturen. Mirjam Kalin ist eine vibratoreiche Ulrica mit gewaltiger Tiefe, im hohen Register unschön und kraftlos. In den Rollen der Verschwörer singen Šaša Čano als Samuel und Peter Martinčič als Tom solide. Der Chor des Hauses, der von Željka Ulčnik Remic penibel einstudiert wurde, singt kraftvoll und homogen.

Trotz der enormen Agilität von Marko Gašperšič erklingt das gut disponierte, manchmal bei den Streichern recht dünn klingende Orchester des Hauses zwar sängerfreundlich, aber vielfach zu dezent zurückhaltend. Man hätte sich mehr effektvolles Musizieren gewünscht Die lyrischen Phrasen werden jedoch voll ausgekostet.

Zum Schlussvorhang gibt es einen uneingeschränkten Riesenjubel eines begeisterten Publikums und Blumen für alle Beteiligten.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Darja Stravš Tisu