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Fakten zur Aufführung 

NORMA
(Vincenzo Bellini)
3. Dezember 2011
(Premiere)

Theater Krefeld Mönchengladbach,
Haus Krefeld


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

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Doppelte Norma

Am 3. Dezember 2011 feiern sowohl Dortmund als auch Krefeld Mönchengladbach jeweils ihre Premiere von Bellinis Norma in einer szenischen Aufführung. Andreas Wendholz, Operndirektor und stv. General-intendant des Theaters Krefeld Mönchengladbach, spricht über die Premiere in seinem Haus. (2'40).


Nach der Premiere

Thomas Wünsch sieht in seiner neuen Inszenierung vor allem die politische Situation im Vordergrund, ohne die menschliche Seite zu vernachlässigen. Das Publikum ist begeistert (3'36).

 

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Gefühle und Politik

Wie jedes große Liebesdrama ist auch Norma nicht ohne den politischen Zusammenhang zu denken“, erläutert Regisseur Thomas Wünsch die Grundidee seiner Inszenierung. Und so finden sich die Protagonisten der Belcanto-Oper unversehens auf der Bühne von Heiko Mönnich wieder, die eher an die Innenansicht eines Ghettos als an verwunschene Hügel denken lässt. Wünsch hat den ursprünglichen Zeitbezug aufgehoben und verweist auf die Allgemeingültigkeit der Situation: Da wird eine Gruppe von Menschen von einer anderen Gruppe unterdrückt, und deren beide Anführer verlieben sich ineinander. Bekommen gar Kinder miteinander, von denen niemand wissen darf. Die Frau kommt mit der Situation nicht mehr zurecht, als der Mann sich in eine andere ihrer Gruppe verliebt, denkt gar darüber nach, die Kinder zu töten, um sich letztlich selbst auf dem Scheiterhaufen zu opfern. Diese Handlung findet auf einer Bühne statt, die an das Warschauer Ghetto erinnert. Rechts die Fassaden zweier Mehrfamilienhäuser, zwischen ihnen verläuft längs der Bühne die Mauer. Zwischenzeitlich wird die Mauer durch andere Gebäudeteile ausgetauscht. Stark unterstützt wird der Ghetto-Eindruck durch die Kostümwahl Mönnichs. Er lässt die Zivilisten in der Kleidung der 40-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts auftreten, die militärischen Unterdrücker tragen schwarze Uniformen, die Assoziationen an die so genannte Schutzstaffel der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter Partei wecken. Holger Klede unterstützt die Aussichtslosigkeit der Situation mit einem durchweg fahlen, graublauen Grundton im Licht, das sich nur an den „Brennpunkten“ aufhellt.

Und es brennt lichterloh, zumindest, was die Leidenschaft der Akteure angeht. Barbara Dobrzanska verleiht der Norma stimmlich die geforderte Verzweiflung und Zerrissenheit, Janet Bartolova steht ihr als Adalgisa in nichts nach, und so gerät besonders ihr erstes Duett zu einem der Höhepunkte des Abends. Kairschan Scholdybajew versucht seine Erkrankung in den vorangegangenen Tagen tapfer zu überspielen, und wirklich gelingt ihm bis auf ein paar Einbrüche eine respektable Leistung. Erst in der Pause weist Intendant Michael Grosse auf den Durchhaltewillen des Pollione-Darstellers hin und erreicht so beim Publikum das gehörige Verständnis. Ob man in einer solchen Situation nicht tatsächlich lieber der Zweitbesetzung Platz macht, ist sicher eine Einzelfallentscheidung und soll hier auch nicht diskutiert werden. Andrew Nolen gibt den Oroveso eher unscheinbar, bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück. Lilia Tripodi und Hyun Ouk Cho fügen Clotilde und Flavio passend in das Gesamtgeschehen ein.

Ein Sonderlob soll Chor und Extrachor des Hauses unter Maria Benyumova gelten. Kraftvoll, kämpferisch und auf den Punkt gibt man sich hier. Und wenn das Guerra! Guerra! ertönt, mag durch manchen Zuschauer noch einmal ein Ruck gegangen sein.

Die Niederrheinischen Sinfoniker lassen sich von Andreas Fellner mit Verve durch die Musik führen. Fellner verzichtet da, wo es dem Verständnis der Handlung nicht abträglich ist, schon mal darauf, jeder Stimme den Vortritt zu überlassen, setzt stattdessen lieber Akzente und trägt damit erheblich zum Gesamterfolg des Abends bei.

Und der Abend wird ein Erfolg. Dem Publikum wird bei aller Emotionalität der Geschichte vor allem ein Gefühl vermittelt: Bei etwas ganz Besonderem dabei gewesen zu sein. Dafür bedankt es sich mit Szenen- und Arienapplaus, würdigt die Gesamtleistung entsprechend. Wieder einmal hat das Theater Krefeld bewiesen, dass Erfolg keine Frage der Größe, sondern des Engagements ist. Bravo!

Michael S. Zerban

 

 









 
Fotos: Stutte