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Fakten zur Aufführung 

PALAST EWIGER JUGEND
(Hong Sheng)
5. November 2011
(Europäische Uraufführung)

Kun-Oper Shanghai, Oper Köln


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Vor der Aufführung

Gerhard Schmitt-Thiel übernimmt die Einführungen zur Kun-Oper. "Fühlen Sie die Oper, dann verstehen Sie sie", sagt er. Franz R. Stuke hat mit ihm gesprochen (3'11).


 

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Chinas Kultur: Die alte Oper lebt

Da schafft im 17. Jahrhundert Hong Sheng ein Musiktheater über den Untergang der chinesischen Tang-Dynastie im 8. Jahrhundert; sein Werk wird erst heute wieder aufgeführt: Ist eine Entdeckung sowohl für Europäer, denen gerade mal ansatzweise die Peking-Oper bekannt ist; aber auch für Chinesen, die vierzig Jahre nach der Kultur-Revolution ihre so staunenswerte musikalische  Tradition wieder entdecken, sie erkunden – und mit der europäischen Opernkultur vergleichen.

Die Kun-Oper Shanghai repräsentiert als Weltkulturerbe  die Vielfalt jahrhundertealten chinesischen musikalischen Theaters.

In Köln wird  mit dem Palast der ewigen Jugend ein Werk in Europa uraufgeführt, das sich kulturhistorisch mit Wagners Ring  vergleichen lässt. Und in der Tat ist das Mammut-Werk über vier Abende mit seiner langen Exposition, seinen retardierenden Passagen, seiner dramatisch kalkulierenden Climax und seinen hinreißenden Finales so konstruiert, wie man europäische Dramatik kennt.

Und der „Plot“ ist nachvollziehbar: Es geht um Liebe und politische Macht, um Gefühle und um existenziell bedeutsame Spiritualität.

Am ersten Abend der Tetralogie geht es um die konfliktreiche Liebe zwischen dem amourösen Kaiser Li Longhi und seiner Geliebten Lady Yang.

Cao Quijing „inszeniert“ die ritualisierten Abläufe mit demonstrierender Intensität, platziert die Handlungsträger in virtuosen Posen, legt Wert auf interpretierende Gestik, wechselt von monologisierenden Schilderungen zu spektakulären Gruppen-Szenen.

Liu Yuanshengs Bühnenkonstruktion beeindruckt mit beweglichen Lamellenwänden, begrenzt die Handlungsräume durch märchenhafte Palast- und Landschaftsbilder, eingeschoben vergrößerte Tuschezeichnungen als emotionalisierende Stimulantien. Dieses alles in magisches Licht gesetzt von Li Xishen.

Cheng Shuyi reproduziert kostbare Seiden-Kostüme von atemraubernder Farbigkeit mit verblüffenden Details in den Accesoires.

Die altchinesischen Instrumente – Flöten, Gongs, Zupfinstrumente, Perkussion – werden von Gu Zhaolin und Li Xiaoping effektiv eingesetzt: die virtuosen Musiker des Kun-Oper-Orchesters zelebrieren die diffizilen Klänge in penibler Perfektion, demonstrieren die Klänge in subtiler Intensität – steigernd von leise andeutenden Impulsen bis zu krachenden Eruptionen.

Die Solisten agieren nach den uralten Regeln der Kun-Oper, gestikulieren nach vorgegebenen ritualisierten Zuordnungen, vermitteln mit den streng formalisiert eingesetzten Tönen – die sich an der artifiziellen Tongebung der chinesischen Sprach-Melodik orientieren.

Zhang Jun gibt den liebend-untreuen Kaiser mit falsettierender Kopfstimme von höchster Laut-Modulation – so wie Wie Chunrong der Geliebten Lady Yang emotionalisierenden Charakter gibt. Das gesamte Ensemble fasziniert durch Arien und Chöre, vermittelt intensive Eindrücke altchinesischer Gesangskultur.

Die Kölner Oper ist am ersten Abend der Tetralogie fast voll besetzt – auch mit „Kölner Chinesen“. Die Aufmerksamkeit ist gespannt, der Schluss-Beifall mit abschließenden standing ovations enthusiastisch.

Ein Manko: Der Technik der Kölner Oper ist es offenbar nicht möglich, Übertitel lesbar zu projizieren. Schade.

Franz R. Stuke






 
Fotos: Kun-Oper Shanghai