Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DER ENTKOMMENE AUFSTAND
(Schorsch Kamerun)
19. Dezember 2011
(Premiere am 3. Dezember 2011)

Expo XXI Gladbacher Wall,
Schauspiel Köln


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Das Irgendwie im Ungefähren

Gelockt wird mit dem elektrisierenden Fanal des „Kommenden Aufstands“ – Schorsch Kameruns „begehbare Installation“ wird zum „entkommenen Aufstand“, zum zeitgeistigen Abgesang an jegliche Aufmüpfigkeit, zum permanent ironischen Verdikt der Unfähigkeit  einer gefühlig-unterkomplexen „Gesellschaft“ sich pseudo-reflektierender „Aufständischer“.

Es ist ein begehbarer Raum mit Stufen, durchbrochenen Stehflächen und verwinkelten Ecken in einer abgewickelten Industrie-Ruine im Kölner Stadtinnern – keine „Kathedrale der Arbeit“. In verschiedenen abgetrennten Sektionen agieren viele Leute an Computern, ackern an Planungs-Skizzen, hantieren mit Kameras, stellen symbolisch-pathetische Posen, üben kreative Kunst, irren in unlösbaren Vorgaben - das alles in einem Labyrinth wechselnder frustierender Zusammenhänge.

Dazu wandern verkleidete Figuren mit Masken wie Guy Fawkes oder Tele-Tubbies oder Struppys Tim durch das Labyrinth des verkommenen Industrie-Relikts.

Im hermetisch abgeschlossenen „Studio“ sprech-singt Schorsch Kamerun im juvenil-plaudernden Stil Texte unbegriffener Welt-Erkenntnisse – endet mit der Phrase, dass alles eine Spirale ohne Ende ist.

Mit seiner rap-orientierten Stimm-Melange , klimpernden Klavier-Tönen, akzentuierten Röhren-Glocken und diversen Syntethizern begleitet eine formal distinguierte Performance-Musik die „begehbare Installation“ über exzellent ausgesteuerte Töne auf die Kopfhörer der teilnehmenden Besucher.

Aber: Die wandelnden, biertrinkenden „Flaneure“ sehen die ubiquitären Bildschirme mit selbstreferenziellen live-Bildern und hören Kameruns Texte („Ich will mir selber nicht Krise sein“, „Der Mensch kann nicht mehr“); und sie sehen sich in ihren prekären Lebensvorstellungen bestätigt.

Der „kommende Aufstand“ wird zum resignativen Abgesang an alles Engagement – nach dem Motto “Alles Scheiße, Deine Emma!“ Diese krude Botschaft wird meta-kommunikativ vermittelt, mit provozierenden schwarz-weiß-Displays mit Beamern aller Orten und kontrastierenden lebenden Akteuren und Masken.

Formal beeindruckt Kameruns Installation mit ästhimierender Ästhetik, überraschender Performance und selbstkritischer Provokation. Doch es bleibt der Eindruck eines lustvollen Abgesangs an „Empörung“ jeglicher Art, resignativ verstärkt durch eine Musik „eingängiger“ Gefühligkeit ohne Verarbeitung kontrovers-dissonanter Konzeptionen. Da fehlt dem „Installateur“ wohl die Kompetenz in Sachen „moderner Musik“, die es seit Schönberg schon seit hundert Jahren gibt!

Das Publikum – mehrheitlich der Kategorie „betroffen“ zugehörig -  folgt willig den Pfaden, lauscht dem Kamerun-Gesinge. Und fühlt sich „alternativ“, ohne zu „Wutbürgern“ werden zu müssen. Oh, what a world!

Franz R. Stuke

 



Fotos: Sandra Then