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Fakten zur Aufführung 

DER ROSENKAVALIER
(Richard Strauss)
19. September 2013
(Premiere)

Stadttheater Klagenfurt


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Das unerbittliche Verrinnen der Zeit

Behutsam hebt die Feldmarschallin die ausgestreuten Blätter der silbernen Rose vom Boden auf, betrachtet sie lange und bläst sie dann wieder sanft weg, sodass sie langsam zu Boden segeln. „Ist halt vorbei!“: So symbolträchtig, das unerbittliche Verrinnen der Zeit zeigend, endet Der Rosenkavalier von Richard Strauss am Klagenfurter Stadttheater. Die Blätter der Blume hat der kleine Mohr zuvor während des Schlussterzetts herausgezupft und zu Boden geworfen. Und dieser ist beinahe omnipräsent: Schon beim Einlass sitzt er am Bühnenrand mit der silbernen Rose in der Hand und betrachtet lächelnd das Publikum. Dann leuchtet er mit einem Lampion dem Liebespaar, freut sich mit dem Ochs, turnt auf der Bühne herum, tröstet Sophie und später die Marschallin. Und immer wieder bläst er einen Silberregen in die Luft. Marco Stormann hat diese Figur des kleinen, hier weißen Mohren enorm aufgewertet, lässt ihn immer wieder beim Spiel mitwirken und sogar gestalten. Aber nicht nur er ist ein Symbolträger beim unwiederbringlichen Vergehen der Zeit. Auch das Bühnenbild, das sehr ästhetisch von Philipp Nicolai erdacht wurde, die historisch stilisierten Kostüme stammen von Sonja Albartus, zeigt das eindeutig: Es mutiert vom Rokokozimmer über einen Wintergarten mit Palmen zu einer mit Schnee bedeckten Landschaft mit verdorrten Bäumen. Der deutsche Regisseur bleibt bei seiner Erzählung immer klar und traditionell, würzt diese lediglich mit kleinen Brechungen und einigem ironisierenden Humor. Dabei werden die Figuren von ihm immer klar gezeichnet und agieren sehr spielfreudig.

Die musikalisch mit vielen diffizilen Vertracktheiten gespickte Partitur, zudem bedarf sie eigentlich eines groß besetzten Orchesters, stellt besonders für ein kleineres Haus wie das Stadttheater Klagenfurt ein großes Wagnis dar. Es ist jedoch geradezu erstaunlich, wie gut diese Herausforderung bewältigt wird. Das ist in erster Linie dem überwiegend sehr jungen, exzellent ausgewählten und ebenso singenden Damen-Terzett zuzuschreiben: Geradezu sensationell gestaltet Golda Schultz die Rolle der Sophie: Wortdeutlichst, herrlich rein und berührend singt sie das junge Mädchen. Betsy Horne ist eine souveräne, innige Feldmarschallin, die das „Loslassenkönnen“ auch darstellerisch sehr berührend gestalten kann. Angela Brower ist ein viriler, stimmlich exzellenter Octavian mit kleinen Schärfen in der Höhe. Bei der Rollengestaltung als verkleidetes Mariandl neigt sie jedoch zur Überzeichnung. Michael Eder ist ein sehr „wienerischer“ Ochs, nicht allzu derb und mit sicherer Tiefe. Etwas reif singt Rolf Haunstein den Faninal. Ilker Acayürek verfügt als Sänger über einen herrlichen, belcantesken Tenor. Christa Ratzenböck, die einmal sogar als Fledermaus durch die Luft fliegen muss, und Patrick Vogel sind ein fieses Intrigantenpaar. Auch die vielen kleineren Rollen, bei denen auch teilweise Chormitglieder zu Einsatz kommen und der Chor des Stadttheaters Klagenfurt selbst, der von Günter Wallner einstudiert wurde, wie auch die Mitglieder des Kinderchores „Singschule Carinthia“ weisen eigentlich keine Schwachstellen auf.

Alexander Soddy stellt sich mit dieser gelungenen Produktion nun auch offiziell als neuer Chefdirigent am Pult des Kärntner Sinfonieorchesters vor: Auch nach dem verhetzten Beginn wählt der junge Brite recht flotte Tempi, was sich besonders bei den Vorspielen des ersten und dritten Aktes leider in mangelnder Präzision niederschlägt. Seine Lesart nimmt jedoch immer Rücksicht auf die Sänger und ist sehr analytisch. Feinheiten und Valeurs werden ausgiebig herausgearbeitet, Transparenz ist angesagt. Angesicht der eingeschränkten orchestralen Besetzung fehlt es dem Gesamtklang naturgemäß insgesamt an strahlenden Streichern. Wunderbar austariert und warm klingen immer die kammermusikalischen Stellen.

Insgesamt kann man durchaus behaupten, dass es eine gelungene Eröffnungsproduktion und im Gegensatz zum letzten Jahr ein gelungener Saisonstart ist, was sich auch in der großen Zustimmung im Publikum niederschlägt.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Christian Kaufmann