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Fakten zur Aufführung 

DER NUSSKNACKER
(Peter Iljitsch Tschaikowski)
3. Dezember 2011
(Premiere am 8. Oktober 2011)

Theater Kiel

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Vorweihnachtsstimmung im Klassenzimmer

Tschaikowskys Ballett  Der Nussknacker gehört seit über hundert Jahren zum klassischen Theaterrepertoire der Vorweihnachtszeit. Yaroslav Ivanenko gibt mit dem beliebten Stück seinen Einstand als Ballettdirektor und Chefchoreograf beim Ballett Kiel.

Die Handlung beginnt nicht wie üblich im heimischen Wohnzimmer von Klärchen, sondern im Klassenzimmer von Clara, getanzt von Momoko Tanaka. Herr Drosselmaier, dargestellt von Nikolaos Doede, avanciert zum ausdruckstarken Lehrer, der den Schulkindern die Geschichte einer verzauberten goldenen Nuss erzählt, die nur der Nussknacker aufbrechen kann. Die Nuss allerdings ist im Besitz des Mäusekönigs, verkörpert von Eldar Sarsembayev, und muss wiedererlangt werden. Oliver Helf gestaltet mit den Raffinessen der Bühnentechnik gleich mehrere Welten: Hinter der Tafel erstreckt sich die erzählte und märchenhaft wirkende Welt des Königspaars von Konfitürenburg, das die Geburt ihres Sohnes feiert, der kurz darauf in einen Nussknacker verwandelt wird. Unterhalb des Klassenzimmers tut sich eine bunte Mäusewelt auf, in der spielerisch um die goldene Nuss getanzt wird. Die Mäuse zeigen ihre tänzerischen Fähigkeiten besonders in den Momenten, in denen sie sich dem sprungkräftigen Mäusekönig kunstvoll unterwerfen müssen.

Clara ist von der Geschichte fasziniert und lässt sich ganz auf sie ein. Mit einer Nussknackerfigur in den Händen vermittelt sie tänzerisch ein graziles Rollenporträt. Claras Klassenkameradinnen machen sich über sie und ihre neu entdeckte Faszination für den Nussknacker lustig, da schimmert fast schon ein sozialkritischer Ansatz durch. Claras Realität und ihre Traumwelt vermischen sich immer mehr, bis sie schließlich zusammen mit dem Mensch gewordenen Nussknacker, getanzt von Didar Sarsembayev, die Mäuse in die Flucht schlägt. Zum Dank für das Verjagen der Mäuse wird Clara nach Konfitürenburg eingeladen. Dieses Ende des ersten Aktes wirkt insgesamt etwas abrupt in Szene gesetzt. Schade, dass die Mäuse danach nicht wieder auftauchen, denn die von Kostümbildnerin Anna Ipatieva entworfenen Mäusefiguren sind großartig.

Der zweite Akt besticht hauptsächlich durch die Optik der fantasievollen Kostüme. Hier ist vom (liebes-)perlenbesetzten Kostüm über schneeflockenartige Spitzenröcke und knallbunte Leggins alles zu sehen. Der Himmel, an dem geheimnisvoll leuchtende Kleider schweben, bleibt in besonders schöner Erinnerung.

Das Königspaar veranstaltet zur Begrüßung ein rauschendes Fest mit internationalen Gästen, die jeweils einen Tanz aus der Heimat vorführen. Hierbei können sich vor allem die Kosaken Eldar Sarsembayev und Tomoaki Nakanome mit dem Russischen Tanz in Szene setzen. Die typisch folkloristischen Elemente des Trepak werden aufgebrochen und mit Breakdance-Figuren modern gestaltet, was vom Publikum mit frenetischen Bravo-Rufen kommentiert wird. Solche Tanzeinlagen stellen die Hauptdarsteller ein wenig in den Schatten, die sich hier mit ihren etwas steifen Bewegungen nicht recht behaupten können. Das ist schade, denn ihre Soloeinlagen bezeugen hervorragendes tänzerisches Können.

Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Mariano Rivas. Er führt sein Orchester solide durch den Abend,  weiß um die Favoriten des Publikums, zu denen natürlich der Russische Tanz zählt. Hier treibt er seine Musiker in puncto Tempo und Dynamik zu Höchstleistungen an.

Besonders zu Beginn des zweiten Aktes ist das Publikum sichtlich vergnügt und angetan von den einzelnen Darbietungen der internationalen Tänze. Auch die Sololeistungen der Hauptfiguren werden mit viel Applaus belohnt. Nichtsdestotrotz sind die Reaktionen nach Ende der Vorstellung gemischt, neben den überwiegend positiven Stimmen schwirren auch solche durch den Saal, die der Aufführung etwas mehr Inhalt gewünscht hätten.

Agnes Beckmann






 
Fotos: Olaf Struck