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Fakten zur Aufführung 

MANON
(Jules Massenet)
24. Juni 2012
(Premiere am 5. Mai 2012)

Theater Kiel

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Eine Liebesgeschichte von heute

Jules Massenets Oper von 1881 ist inspiriert durch die Romanvorlage Histoire du chevalier Des Grieux et de Manon Lescaut von Abbé Prévost, erschienen 1731. Manon ist ein wunderschönes, fünfzehnjähriges Mädchen mit einer schillernden Persönlichkeit. Ihr Verlangen nach Aufmerksamkeit, Ruhm und Unterhaltung ist ebenso groß wie ihre Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Mit ihrer großen Liebe, dem Chevalier Des Grieux, flieht sie, bevor sie ins Kloster geschickt wird. Die große Liebe scheitert, von oberflächlichem Ruhm und der feinen Gesellschaft ist Manon tief enttäuscht. Schließlich gerät sie durch ihre Vergnügungssucht ins Gefängnis. Auf der Straße nach Le Havre stirbt sie nach der Aussöhnung mit ihrem Geliebten Des Grieux einen sinnlosen Tod.

Silvana Schröder versetzt Massenets Oper aus dem achtzehnten Jahrhundert in die heutige Zeit. Das gelingt ihr mit einem puristischen Bühnenbild und modernen, klassischen und zeitlos anmutenden Kostümen. Besonders bemerkenswert ist das Bühnenbild im ersten Akt. In der Mitte der Bühne ist eine Bank mit Rückenlehne, die von beiden Seiten genutzt werden kann, links das Gasthaus, im Hintergrund sind auf Leinwand gemalte Gleise zu sehen. Rainer Kühn und Friederike Hammerstein haben die Leinwände für alle Akte bemalt, die das Bühnenbild jeweils in eine bestimmte Stimmung versetzen, wie zum Beispiel Romantik oder Tristesse. Der Clou im Bühnenbild des ersten Akts ist eine stilechte Bahnhofsuhr, die oben rechts auf die Szenerie herab leuchtet wie der Mond.

Die Bank teilt das Bühnenbild in eine vordere Hälfte, die von den Hauptdarstellern beherrscht wird, und eine hintere Hälfte, die von den Statisten bespielt wird. Während im vorderen Teil der Bühne die Geschichte um Manon ihren Lauf nimmt, spielen sich zwischen den Statisten viele verschiedene, dramatische und lustige Geschichten ab, die das Publikum amüsiert goutiert und die einen pointierten Kontrast zu der schicksalhaften Geschichte der Manon bilden.

Susan Gouthro geht mit ihrem Koloratursopran die Partie recht dramatisch an, lässt viel Vibrato hören. Beeindruckend leicht bewegt sie sich im hohen Register. Yoonki Baek hält mit seinem warmen, ruhigen Tenor dagegen. Beide Stimmen harmonieren klanglich sehr schön. Das Ensemble ist ein eingespieltes Team, das dem Dirigenten Leo Siberski gut folgt. Auch beim Chor ist große Spielfreude hervorzuheben. Ist dieser über die ganze Bühne verteilt, wackelt die Koordination zwischen Bühne und Graben gelegentlich. Das beeinträchtigt die Aufführung insgesamt jedoch ebenso wenig wie die teilweise ungenaue Intonation des Orchesters, das das Geschehen auf der Bühne insgesamt treffend begleitet.

In dieser Aufführung fügen sich alle Aspekte insgesamt gut zusammen und ergeben in der Summe ein geschlossenes Ganzes, durch das die tragische Liebesgeschichte zwischen Manon und Des Grieux gut zum Tragen kommt. 

Einige Leute verlassen die Oper in der Pause, vielleicht schreckt sie die „moderne“ Inszenierung oder die mit drei Stunden recht lange Aufführungszeit. Die Zuschauer jedoch, die bis zum Schluss durchhalten, belohnen Darsteller und Musiker gleichermaßen mit begeistertem Applaus.

Manon Kadoke

Fotos: Olaf Struck