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Fakten zur Aufführung 

PARTENOPE
(Georg Friedrich Händel)
19. Februar 2011 (Premiere)

Händel-Festspiele Karlsruhe
Staatstheater Karlsruhe


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Seelenqualen als ironische Leckerbissen

Stimmt genau, Händel wurde ja irgendwann englischer Staatsbürger, obwohl sich sein Souverän damals in Hannover kräftig über ihn geärgert hatte. Unerlaubtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz, oder so ähnlich, der damalige Vorwurf. Aber irgendwann hat man sich wieder lieb. In der Händel-Oper Partenope geht es schneller, denn die Titelfigur, eine attraktive Königin zu Neapel oder sonst wo im Liebes-Niemandsland, verschmerzt jeden Partnerwechsel problemlos, im Gegenteil, sie scheint ihn geradezu als existenziell herbeizusehen, schenkt sie doch zumindest zweien ihrer drei Freier die schönsten und innigsten Arien, die Händel sich jemals für Herz ohne Schmerz ausgedacht hat.

Zu Eröffnung der Karlsruher Händelfestspiele, den letzten während der Ägide von Generalintendant Achim Thorwald, dem in der nächsten Spielzeit Peter Spuhler (bislang Heidelberg) folgen wird, erlebte diese Oper eine zauberhafte, komödiantische, entspannte Umsetzung. Wir befinden uns, aha, auf einem – wahrscheinlich – englischen Landsitz, der schon ordentlich Patina angesetzt haben mag, aber noch nicht heruntergekommen scheint. Die Drehbühne zeigt Billard-Saal oder Salon, darum herum ein Kranz an Portalen, die sich gegenläufig bewegen und ins Nichts führen (fantasievolle Bühnengestaltung: Christian Floeren). Denn die Protagonisten kreisen um sich selbst, sie wissen nicht genau wohin, und wenn sie irgendwo stranden im Zwiespalt ihrer Gefühle, dann sind sie schon wieder dort angelangt, wo ihr Sehnen begann.

Sicherlich, ein gewisser Arsace hat sich in Partenope verliebt, was einen nicht wundern darf, wenn diese Figur so hinreißend in Lockerheit und Lockung dargestellt wird wie in Karlsruhe von Polina Pasztircsák. Zwar sind ihre Koloraturen nicht messerscharf präzise, aber ihr strömendes Timbre, voll zartem Eros und von inniger Hingebung beflügelt, erklären, warum diese Frau, die zudem jene berühmten Waffen ihres Geschlechts gekonnt einsetzt, gleich von mehreren Männern begehrt wird. Und wenn es sein müsste, würde sie auch eine gewisse Rosmira um den Finger wickeln, die sich als Prinz Eurimene in eleganter Hosenrolle in ihren Palast eingeschlichen hat. Ei, warum die Verkleidung? Sie will ihren Arsace auf Abwegen wiedergewinnen. Was ihr am Ende gelingt, denn so einer Alt-Sirene plus zupackend-eleganter Ausstrahlung wie Karolina Gumos kann doch ein – perfekt ausgerüsteter - Countertenor nicht widerstehen: Terry Wey singt tadellos, und sein Spiel ironisiert die vermeintlichen Seelenqualen eines Mannes, der hin- und hergerissen ist zwischen Treue und Verlockung.

Die hat sich Regisseur Ulrich Peters genau angeschaut. Als ob die unergründliche Weisheit der Barockdichter schon Heisenbergs physikalische Unschärferelation im Philosophischen, dem Allzumenschlichen, vorweggenommen hätte, wird hier eine Austauschbarkeit der Gefühle gezeigt. Denn die Unbedingtheit der Liebe, sie sei nur ein Wahn, und allenfalls dazu tauglich, herrliche Musik zu kreieren. Diese umzusetzen, dafür bürgt Michael Hofstetter mit seinen Deutschen Händel-Solisten, die Krampf und Kampf barocker Schroffheit in dieser Oper umbiegen zu unbedingter Privatheit. Zärtlich, fordernd, aufreizend, charmant. Das klingt ausgezeichnet, zumal Rezitative aufs erträgliche Maß gekürzt werden und deshalb interessant klingen, und die Da capo-Arien haben ebenfalls - wie ein guter Obstbaum – eine kleine Stutzung erfahren. Allerdings kann auch die Musik nicht kaschieren, dass sich die Szenen in Personenführung und Bildern letztlich ein wenig erschöpfen.

Wen haben wir dann noch auf der Bühne des Badischen Staatstheaters? Mit Valer Barna-Sabadus einen Sopranisten, der den linkischen Freier Armindo perfekt darstellt und eine zukunftsträchtige Stimme einbringt: Er verspricht Besonderes. Gideon Poppe singt mit prägnantem Tenor einen Emilio, der ebenfalls die Partenope begehrt, dessen Truppen aber im harten Kampf am Carambolage-Billard unterliegen. Christian Miedl darf den Feldherren/Fechtmeister mit standfestem Bariton untermauern. Nicht zu vergessen die geschmackvollen Kostüme von Götz Lanzelot Fischer, der vor allem Partenope ständig neu einkleidet. Ihr Gesang geht in paralleler Wandlung mit den Kostümwechseln zwischen Grande Dame und Diana einher. Und insgesamt hat das Badische Staatstheater einen hinreißend schönen, beglückenden Händel-Abend generiert.

Eckhard Britsch

 







Fotos: Jacqueline Krause-Burberg/
Staatstheater Karlsruhe