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Fakten zur Aufführung 

DIE VESTALIN
(Gaspare Spontini)
12. März 2013
(Premiere am 26. Januar 2013)

Badisches Staatstheater Karlsruhe


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Vielleicht droht Meuterei

Der Mensch braucht Kulte, denn der Glaube an Gott und Götter gibt Halt im Alltag. Oder verursacht Furcht, denn die Hüter jeder Religion haben kein Problem damit, ihre Mitmenschen zu kujonieren. Der Gottes-Dienst birgt manchmal auch Härten wie bei den römischen Vestalinnen, die als Priesterinnen der Vesta das Herdfeuer des Staates bewachen. Geht es aus, setzt es Geißelhiebe. Verletzt eine das Keuschheitsgelübde, wird sie bei lebendigem Leibe begraben. Symbolisch verheiratet sind die Priesterinnen der Vesta mit dem Pontifex Maximus.

Hier setzt Aron Stiehl mit seiner Inszenierung der 1807 in Paris uraufgeführten Oper Die Vestalin von Gaspare Spontini am Staatstheater Karlsruhe ein, denn er hinterfragt die Rituale auf ihre Glaubwürdigkeit und findet Verlogenheit: Sind der Pontifex und die strenge Großvestalin allein im stillen Kämmerlein, das sich deutlich von der Schlichtheit der Nonnen-Zellen unterscheidet, schon schäumt der Schampus zu den Austern. Solcherart gestärkt, geht es dann ran an die Keuschheit. Das ist gut gemacht und durchaus geschmackvoll bebildert, ohne ordinär zu wirken; vielmehr bringt Aron Stiehl ein plastisches Beispiel von Scheinheiligkeit und Wirklichkeit auf die Bühne.

Spontini erzählt eine Liebesgeschichte. Der Kriegsheld Licinius kehrt zurück, gerade hat er die aufmüpfigen Gallier besiegt; da muss er feststellen, dass seine geliebte Julia in den göttlichen Vesta-Tempel verbracht worden ist. Sie schluchzt, er barmt bitterlich. In höchsten und schönsten Tönen, denn Barbara Dobrzanska lässt ihren substanziellen, sauber geführten Sopran leuchten, und Andrea Shin stimmt aus jugendlich-intensivem Tenor mit ein. Es kommt, wie es kommen muss, wenn Licinius heimlich in den Tempelbezirk zur Julia vordringt. Die beiden werden erwischt, es droht der Tod, nur Göttin Vesta könnte helfen, wenn das erloschene Feuer wieder per Selbstentzündung auflodern wollte. Da hilft der Pontifex per Streichholz nach und wieder zeigt die Regie, dass „Schicksal“ gerne gesteuert wird. Auch die Schlusspointe zweifelt den schönen Schein an. Denn kaum sind die Liebenden zusammen, da bedrohen zwei Soldaten mit angelegtem Schießgewehr das Glück. Und das auch noch gegen den eigenen General. Droht da Meuterei?

Wir wissen es nicht, denn der Vorhang ist gefallen. In Karlsruhe hat Frank Philipp Schlössmann eine stilisierte Bühne in einsichtiger Klarheit geschaffen; die Kostüme von Franziska Luise Jacobsen bestechen durch zeitlos-schlichte Eleganz. Gesungen wird gut, denn auch der Licinius-Freund Cinna ist mit einem gut aussehenden Tenor besetzt: Steven Ebel, dessen geschmeidig aufblühendes Timbre für seine Stimme einnimmt. Hatice Zeliha Kökcek verkörpert die gestrenge Großvestalin, ihr Mezzo zeigt Charakterstärke. Klar und den Raum füllend der Bass von Konstantin Gorny als Pontifex.

Der Chor hat viel zu tun und ist von Ulrich Wagner sehr gut vorbereitet. Die Badische Staatskapelle musiziert unter Johannes Willig sauber und strukturiert, ohne in Emphase zu verfallen.

Auch die hier besuchte Repertoire-Vorstellung wird sehr gut angenommen von einem Publikum, das sich gerne entführen lässt zu einem Wegbereiter der großen französischen Oper.

Eckhard Britsch





Fotos: Jürgen Frahm