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Fakten zur Aufführung 

DIE REGIMENTSTOCHTER
(Gaetano Donizetti)
24. April 2013
(Premiere am 20. April 2013)

Badisches Staatstheater Karlsruhe


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Retter aus den Bergen

Nun, als besonders gutherzig galten die napoleonischen Soldaten während ihrer Eroberungszüge keineswegs. Bei Donizetti ist das anders, denn in seiner Regimentstochter, die er während seines zweiten Paris-Aufenthaltes schrieb, kümmern sich brave Kerle rührend um das Findelkind Marie. Ihretwegen tritt sogar der Tiroler Bursche Tonio ins Regiment ein. Nach Irrungen und Wirrungen, denn Marie soll von ihrer angeblichen Tante und leiblichen Mutter, der Marquise de Berkenfield, adelig verkuppelt werden, kommt das Regiment nach siegreichen Bataillen wieder zurück. Tonio, jetzt nicht mehr in Lederhosen, sondern in Offiziersuniform, klärt die Sache auf und nimmt seine Marie in die Arme. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann wird die komische Oper wieder ausgegraben.

Zum Beispiel am Badischen Staatstheater Karlsruhe, wo Aurelia Eggers sich der Sache annimmt und ein heiteres, bis zur Pause charmantes, ja anrührendes Spiel entwickelt. Da wird der jeweilige Nationalismus ironisiert, die beunruhigten Bürger rennen im Nachthemd auf die Straße, doch plötzlich sei ein strategisch wichtiger Hügel geräumt und alle gehen brav ins Bett. Kein Blut fließt in diesem Krieg, wo Marie im Zuber die Unterhosen der müden Helden schrubbt; nur Tonio würde beinahe aufgeknüpft – war da was mit einem gewissen Andreas Hofer? - doch Marie erkennt in ihm einen Retter in gebirgiger Not, und er tritt in die Truppe ein. Als Morgengabe schenkt er seiner Marie eine Waschmaschine, aber das Regiment zieht weiter. Doch im zweiten Akt, auf einem Schloss, fällt Aurelia Eggers fast nur noch Klamotte ein, bis auf den fröhlichen Gag, dass Tonio wie weiland Münchhausen auf einer Kugel herbeifliegt. Ansonsten aber überwiegend Schematisches aus der Operetten-Kiste, mit dem üblichen Typisierungen. Das ist schade, denn nach dem ersten Akt in einer duftigen, witzigen Ausstattung von Rainer Sellmaier durfte mehr Esprit erwartet werden.

Dabei hat die Inszenierung mit der jungen Kanadierin Sharleen Joynt als Marie ein wahres Goldstück aus Heidelberg als Gast importiert. Die Koloratursopranistin sieht bezaubernd aus, spielt entsprechend kokett und hat mit schlanker, hell geführter Stimme viel an an Bravour zu bieten. Den Tonio singt Eleazar Rodriguez mit recht geschmeidigem Tenor-Ausdruck, sein Spiel indes wirkt weniger auffällig, eher statisch in Stereotypen gefangen. Überzeugend hingegen Rebecca Raffell als Marquise de Berkenfield: Ein selten zu hörender, tiefer Alt, mitunter robust, aber hier völlig angemessen, wenn die groß gewachsene Sängerin den Sergeanten Sulpice an ihren Busen drückt: Gabriel Urrutia Benet setzt Schnurrbart und kernigen Bariton dagegen. Die kleineren Partien sind aus dem Ensemble heraus angemessen gut besetzt.

Johannes Willig zieht am Pult der Badischen Staatskapelle die Musik sauber durch, ohne indes überschäumendes Temperament zu entwickeln. Der Staatsopernchor – Ulrich Wagner ist ihr Chef – singt stabil und fügt sich fröhlich ins Spiel ein. Das Publikum der hier besuchten B-Premiere ist ebenfalls gut eingestimmt auf die französisch gesungene, mit deutschen Dialogen belebte Regimentstochter. Die weitere Entwicklung von Sharleen Joynt, die neulich in Heidelberg mit Wolfgang Rihms Dionysos-Szenen überragte, darf mit Spannung erwartet werden.

Eckhard Britsch







Fotos: Falk von Traubenberg