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Fakten zur Aufführung 

EIN MASKENBALL
(Giuseppe Verdi)
16. Oktober 2013
(Premiere am 12. Oktober 2013)

Badisches Staatstheater Karlsruhe


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Ein König macht sich überflüssig

Mit so einem König kann ein Volk auch arm dran sein. Eigentlich ein netter Kerl, der sich der Aufklärung verschrieben hat, dem aber alle Konsequenz fehlt. Denn dieser Träumer namens Gustav aus Schweden schwärmt sich in eine Liebe zur Gattin seines besten Freundes und Beschützers hinein; mögen die Bittsteller mit vielerlei Eingaben an ihn herantreten, er wischt alles beiseite, selbst wenn das verschwörerische Rot schon auf manchen Kladden als warnender Hinweis aufleuchtet. Gustav der Dritte bleibt unbelehrbar, verdreht Amelia den Kopf und bezahlt mit dem Leben.

Irgendwie hat er es nicht besser verdient, dieser Langweiler, der lieber Jojo spielt, wenn ihm nichts einfällt zum Staat und zur Liebe oder zur Verschwörung, der alles so laufen lässt und allenfalls in den höchsten Tönen von seiner Sehnsucht schwärmt. Das ist am Badischen Staatstheater Karlsruhe richtig gut gemacht, wenn Regisseur Aron Stiehl die in Schweden spielende Maskenball-Urfassung von Giuseppe Verdi anstatt der von der Zensur bereinigten in einer berückend klaren Bühnensprache vorstellt. Durch jenes Land geht nicht etwa ein Ruck, sondern ein harscher Riss, den Bühnenbildner Friedrich Eggert durch auseinanderrückende Bühnenteile erklärt. Ein König als Baumeister, der einer neuen Zeit Rechnung tragen will und dem Pläne doch nur Spielzeug sind.

Auch die Kostüme von Doey Lüthi bestechen in ihrer Geradlinigkeit, wenn etwa die Ballszene im Schlussakt von Menschen in einheitlichem Schwarz mit überbordenden weißen Pierrot-Kragen bevölkert wird, die in gemessener, verlangsamter Tanzbewegung darauf zu warten scheinen, dass endlich das drohende Unheil sich vollzieht. Die Inszenierung findet hier in der kunstvoll choreographierten Einfachheit Bilder hinter dem üblichen Trubel, die sich geradezu einbrennen.

Gesungen wird gut bis sehr gut. Barbara Dobrzanska verleiht Amelia glanzvollen Sopranausdruck, der die dramatischen Linien dieser Figur verdeutlicht. Andrea Shin lässt seinen Belcanto-Tenor blühen und schwelgen, darstellerisch wirkt dieser Gustav eher statisch als ekstatisch. Fürst Anckarström, der tödlich beleidigte, von unstillbarem Rachedurst getriebene Amelia-Gatte, wird von Seung-Gi Jung mit maßvollem Kavalierbariton bedacht, die Gesangslinie wirkt manchmal etwas eckig. Grandios hingegen Ewa Wolak mit dunkel gefärbtem, intensiv auftrumpfendem Alt als Wahrsagerin Ulrica; quirlig in Spiel und Koloraturen Emily Hindrichs in der Hosenrolle des Pagen Oscar.

Musikalisch hinterlassen Orchester und Chor im Dirigat von Johannes Willig nicht ganz den gewohnten, starken Eindruck. Sicher die Akzente sind treffsicher platziert, doch fehlt die Geste, die das Ganze musikalisch zusammenhält, zumal Bühne und Orchester nicht immer ganz synchron laufen.

Das Publikum gibt großen Beifall für diesen Beitrag des Badischen Staatstheaters Karlsruhe zum Verdi-Jahr, der besonders konzeptionell und in der szenischen Umsetzung überzeugt.

Eckhard Britsch

Fotos: Jochen Klenk