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Fakten zur Aufführung 

DIE FLEDERMAUS
(Johann Strauß)
19. Dezember 2013
(Premiere am 14. Dezember 2013)

Badisches Staatstheater Karlsruhe


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Der Zauber kommt aus dem Graben

Sie können in Karlsruhe richtig froh sein über ihren Generalmusikdirektor Justin Brown. So biegsam, elastisch, den Sängern zugewandt und jedwedes Kolorit auskostend ist die Fledermaus von Johann Strauß schon lange nicht mehr ausmusiziert worden, egal an welchem Haus, zumindest im Kenntnisbereich des Rezensenten. Dabei macht es ihm die Inszenierung wirklich schwer, denn die überlangen Zwischentexte, angereichert mit lokalen Petitessen, zerfransen den musikalischen Fluss, und die völlig überladene Szene stört mehr, als zu illustrieren. Immerhin, der aufmerksame Hörer erfährt, dass in Karlsruhe Löcher gegraben werden, in denen der brave Euro verschwindet, 870 Millionen sind es, die der Tunnelung des Verkehrs zum Opfer fallen. Auch der Karlsruher Sportclub, der vor über einem halben Jahrhundert einen Fußball-Pokal in die Fächerstadt geholt hat, wird milde belächelt, denn mit dem neuen Stadion geht es nicht recht vorwärts. Ja, da kommt ein Insider zu Wort, weil Martin Wacker, der die Figur des „Frosch“ total deppert überzeichnet, auch als Stadionsprecher des erwähnten Vereins fungiert.

Immerhin, die Karlsruher scheinen amüsiert und lachen brav an der richtigen Stelle. Die Inszenierung retten solche Scherze dennoch nicht, denn die Regie von Lorenzo Fioroni und Thilo Reinhardt hetzt die Protagonisten von einer Turbulenz in die nächste. Dabei bleibt das feinsinnig Komödiantische dieser Operette, die als Paradestück des Genres gilt, auf der Strecke. Sogar die Fledermaus, die manchmal am Bühnenhimmel herumschwirrt, wirkt als Mutantin von Glühwürmchen und Biene Maja recht albern. Klamauk statt spielerischem Pep, scheint die Devise.

Nun denn, das Bühnenleben geht weiter, zumal mit einer weitgehend überzeugenden Solistenschar. Die Rosalinde wird von Heidi Melton toll gesungen und mit einer gewissen Selbstironie gespielt, denn die junge, bestens veranlagte Sopranistin nascht sehr gerne Pralinen, was sich figürlich niederschlägt. Wenn sie den Beinahe-Liebhaber Alfred gewissermaßen vernaschen will, kriegt der es mit der Angst zu tun: Andrea Shin hat eine nuancierte Tenorstimme, man hört ihn gerne. Die große Partie der Adele, Stubenmädchen und Möchtegernkünstlerin, ist mit Sharleen Joynt besetzt – für ihre Rihm-Interpretation in Heidelberg für den „Faust“ nominiert, muss sie sich offenbar an die deutlich größeren Bühnenmaße am Badischen Staatstheater gewöhnen. Doch sie sieht blendend aus und hat messerscharfe Koloraturen zu bieten. Klaus Schneider ist ein jovial-passabler Eisenstein, Katharine Tier ein interessanter Prinz Orlofsky: Die Regie lässt die gut disponierte Altistin aus einem Sarg steigen und mit Krückstock humpeln, was zur schäbig-morbiden Bühne passt. Ralf Käselau hat sie hergerichtet, die Kostüme zwischen Frack und Tutu stammen von Sabine Blickenstorfer. Andrew Finden heckt als Dr. Falke die Fledermaus-Intrige aus; Tero Hannula darf als Gefängnisdirektor erschöpft dem Kater frönen; Lydia Leitner ist eine quicklebendige Ida und Max Friedrich Schäffer ein skurriler Advokat.

Das Publikum in der B-Premiere lässt sich von einigem Leerlauf nicht beirren und erfreut sich an der Fledermaus-Produktion.

Eckhard Britsch







Fotos: Falk von Traubenberg