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Fakten zur Aufführung 

DIE ZAUBERFLÖTE – IMPEMPE YOMLINGO
(Wolfgang Amadeus Mozart/
Isango Ensemble)
15. Juli 2011

Philharmonie Köln

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Tausendsassa mit Zugabe

Wir sind ein Theaterensemble, das alles gemeinsam macht, gemeinsam singt, tanzt und auf Marimbas oder auf Trommeln spielt. Niemand kommt von irgendwoher, um auf der Bühne seine Rolle abzuliefern und dann wieder zu gehen – wir sind ein Team, das alles gemeinsam kreiert, und das ist […] das eigentlich Zauberhafte an unserem Ensemble“, sagt Pauline Malefane, eine der beiden musikalischen Leiter und Mitbegründerin des südafrikanischen Isango Ensembles. Genau das macht einen der Reize der Aufführung aus: Ständig wechseln Musiker und Nebendarsteller ihre Rollen. Eben noch im Chor, tauchen sie im nächsten Moment mit einer Trommel oder hinter einer Marimba wieder auf. So steht keiner wichtig und weltentrückt auf der Bühne herum. Stattdessen entsteht ein langer, ruhiger Strom, aus dem die Handlung immer wieder in den Bühnenmittelpunkt gleitet. Bei der Bühne hat Dan Watkins sich eher für eine spartanische Lösung entschieden. Im Mittelpunkt ein nach hinten ansteigendes Podest mit zwei Klappen. An den Seiten Raum für Chor und Instrumente. Alles wird umgeben von einem Baugerüst, das nach hinten mit wellblechähnlichen Wänden abgeschottet ist. Spartanisch darüber angebracht die Lichttechnik, die Jono Kenyon virtuos und auf den Bruchteil einer Sekunde genau in Szene setzt.

Wer sich auf dieses Treffen von Südafrika und Mozart einlässt, wird weder übertriebene Werktreue noch abgehobene stimmliche Brillanz erwarten. Vielmehr möchte man den Zauber Afrikas, den Rhythmus eines anderen Kontinents, das Leben, die Farbigkeit und das Pulsieren einer anderen Musikwelt erleben. Das ist auch der Anspruch von Regisseur Mark Dornford-May, und es gelingt ihm, das Publikum damit zu begeistern. Mandisi Dyantyis, zweiter musikalischer Leiter, Dirigent und mit drei weiteren Komponisten für die Adaption des Mozart-Stoffes zuständig, gelingt es, immer wieder afrikanische Rhythmen in die Partitur einfließen zu lassen, ohne dem Werk Schaden zuzufügen. Auch die Kostüme von Leigh Bishop fügen sich stimmig in das Gesamtbild ein: Sie zitieren Afrika, ohne allzu folkloristisch in Klischees zu verfallen. Ganz viel Afrika steckt auch in den Choreografien von Lungelo Ngamlana, die damit einen wunderbaren Kontrapunkt zu den eher statischen Arien setzt.

Zamile Gantana entwickelt seinen Papageno launig und stellt den Spaß in den Vordergrund, ohne dem Klamauk anheimzufallen. Tamino wird von Mhlekasi Mosiea eher zurückhaltend dargestellt. Die ganz große Glut seiner Liebe bleibt aus, aber in seiner Jungenhaftigkeit verzeiht man ihm die mangelnde Fülle seines Tenors. Pauline Malefane verleiht der Königin der Nacht eine imposante Erscheinung. Alle Kraft legt sie in ihre Stimme, die in den Höhen denn auch deutliche Schwierigkeiten hat und in den Koloraturen etwas abgehackt wirkt. Insgesamt liefert sie aber eine ordentliche Leistung ab. So wie auch Nobulumko Mngxekeza in der Rolle der Pamina im Auge des europäischen Betrachters wenig prinzessinnenhaft wirkt, aber durch ihre Präsenz besticht. Thobile Dyasi als Monostatos und Simphiwe Mayeki als Sarastro singen gut verständlich, aber selten raumfüllend, ohne dass man das mangelnde Volumen als echten Verlust erlebt. Dass eine englische Version mit afrikanischen Einsprengseln vorgetragen wird, geht in Ordnung; der Verzicht auf deutsche Übertitel ist mindestens diskussionswürdig.

Gar nichts zu diskutieren gibt es über die unglaubliche Leistung von Mandisi Dyantyis, der als wahrer Tausendsassa Chor und – wechselndes – Orchester mit Verve dirigiert und zwischendurch auch selbst mal an verschiedenen Instrumenten zu erleben ist. Überraschend: Wenn Tamino die Zauberflöte „spielt“, erklingt die Trompete Dyantyis‘! Mit Marimbas und Trommeln eine Zauberflöte zu spielen, klingt erst mal gewagt. Dem Orchester/Chor gelingt es, selbst die Zwischentöne wiederzugeben, melodiös bis hin zur nötigen Dramatik, die durch die afrikanische Rhythmik nachdrücklich unterstrichen wird.

Das Publikum hat einen schönen, einen mal ganz anderen Abend erlebt und dankt es schon nach dem Schlusstakt mit stehenden Ovationen. Eine kleine Zugabe inmitten immer wieder aufbrandenden Applauses sorgt für zusätzliche Begeisterung. Die Zuschauerinnen und Zuschauer können mit dem Gefühl nach Hause gehen, eine wahrhaft südafrikanische Zauberflöte erlebt zu haben, und das ist etwas ganz anderes als das Original.

Michael S. Zerban

 









Fotos: Marie-Noëlle Robert,
Angela Kase, Keth Pattison