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Fakten zur Aufführung 

GASPARONE
(Carl Millöcker)
20. Juli 2013
(Premiere)

Lehár-Festival Bad Ischl


Points of Honor                      

Musik

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Mafia-Geschichten aus Süditalien

Direkt am Fluss Traun, inmitten des malerischen Städtchens Bad Ischl, der ehemaligen Sommerresidenz von Kaiser Franz Joseph, liegt die Lehár-Villa. 1912 erworben, verbrachte Franz Lehár bis zu seinem Tode 1948 beinahe jeden Sommer hier. „In Ischl hab’ ich immer die besten Ideen“, meinte der Meister der silbernen Operettenära zu seiner Sommerresidenz. Und tatsächlich, hier schuf er Meisterwerke wie Die lustige Witwe, den Graf von Luxemburg, Paganini, den Zarewitsch, Das Land des Lächelns und Giuditta. Die Villa beherbergt heute ein Museum und sieht so aus, als ob Lehár sie gerade erst verlassen hätte. Grund genug, 1961 hier ein Festival zu gründen, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Operetten Lehárs aufzuführen. Auch zur 52. Auflage wird von ihm ein Werk hier erklingen, nämlich die Rarität Wo die Lerche singt, allerdings erst ab Mitte August. Heuer wurde jedoch mit Carl Millöckers eher selten aufgeführter Operette Gasparone begonnen, die als sein zweitbeliebtestes Bühnenwerk gilt. Sie besitzt jedoch trotz einiger schöner Arien, Ensembles und Couplets weder musikalisch noch dramaturgisch bei weitem nicht die Stärke des Bettelstudenten.

Deshalb legt die in Österreich sehr bekannte Schauspielerin und Kabarettistin Dolores Schmidinger bei ihrer mittlerweile vierten Inszenierung in Bad Ischl auch gleich Hand ans Libretto. Etliche Aktualisierungen, gewürzt mit so allerlei Gags und Anspielungen auf Politik und Tagesgeschehen kommen dabei heraus, überwiegend lustig, manchmal jedoch zu aufgesetzt witzig. Die Schmugglergeschichte aus dem südlichsten Italien wird ins Jahr 1930 transferiert und ihr eine durchaus glaubwürdige Mafiastory übergestülpt. Da wird eifrig Schutzgeld eingefordert und mit Rauschgift gehandelt, das unter dem Deckmantel eines Bestattungsinstitutes „Ruhe sanft“ kiloweise mit Särgen angeliefert wird und als Mehl und Kaffee deklariert wird. Und der korrupte Bürgermeister Nasoni spielt eifrig mit.

Ihre völlig herkömmlich gängige Inszenierung, die immer wieder Filmanleihen etwa aus dem Paten nimmt, braucht jedoch eine gewisse Aufwärmphase, stottert anfänglich etwas zu statisch dahin, bis sie sich dann aber doch warmläuft. Auf der kleinen Bühne des Kongress- und Theaterhauses von Bad Ischl geht es in den einfachen Kulissen, einer typischen süditalienischen Häuserfront oder auch einem eleganten Salon, die Szenerie stammt von Katharina Sautner, in passenden Kostümen der Zeit von Katrin Rölle, doch bald flott und schwungvoll zu. Mit dazu bei tragen die witzigen Choreographien von Mandy Garbrecht, etwa mit einem urkomischen laienhaft getanzten Carabinieri-Ballett des Chores, der auch stimmlich sehr präsent vertreten ist. Die Einstudierung besorgte Georg Smola.

Wie immer bestens ausgesucht durch den Intendanten Michael Lakner sind wieder die passenden Typen der Protagonisten: Der Urkomödiant Gerhard Ernst ist der ideale, dicke Podestá, Bürgermeister von Syrakus, der immer wieder die Lacher des Publikums auf seiner Seite hat und zum Schluss am meisten bejubelt wird. Miriam Portmann, die man schon vom Vorjahr aus der Operette Zigeunerliebe kennt, singt die von mehreren Bewerbern angebetete Gräfin Carlotta, die wie ein Marilyn-Monroe-Verschnitt aussieht, mit ausdruckstarkem Sopran. Thomas Zisterer ist ein darstellerisch blasser Graf Erminio Saluzzó, der sich letztlich als Verwandter von Don Corleone herausstellt, aber mit einem wunderbaren Bariton ausgestattet. Thomas Malik ist der abgedrehte, ungeniert schmuggelnde Wirt Benozzo, dessen angesagte Indisposition man keine Sekunde bemerkt. Melanie Schneider singt seine Frau Sora mit leichtem, feinen Sopran. Auch optisch eine Walküre: Rita Peterls als furchterregende Zenobia, aber mit samtigem Alt versehen. Tomaz Kovacic ist ein eindrucksvoller Hüne von einem Schmuggler Massaccio.

Mit viel Schwung und vielen Details lässt Marius Burkert das bestens disponierte und sehr spielfreudig agierende Franz-Lehár-Orchester aus dem Graben erklingen.

Dem Publikum gefällt es, es jubelt lautstark!

Helmut Christian Mayer

Fotos: Foto Hofer