Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DER BARBIER VON SEVILLA
(Gioacchino Rossini)
9. Juni 2012
(Premiere)

Theater Hof

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


Vor der Premiere

Abschiedspremiere in Hof. Uwe Drechsel beendet seine Intendanz mit dem Barbier von Sevilla. Einige Gedanken von ihm zum Abschied und zur Bedeutung des Theaters (5'19).

 

zurück       Leserbrief

Perfekter Abschied

Wenn man geht, soll es am schönsten sein. Intendant Uwe Drechsel verlässt nach 17 Jahren ein wohlbestelltes Haus mit einer Operninszenierung, die das Prädikat  perfekt verdient hat. Mit einem ganz persönlichen Ringschluss: Der Barbier war die erste Inszenierung seiner Laufbahn,  damals in Hannover, sie ist seine letzte jetzt am Theater Hof.  Lachsalven statt La Ola, in Lemberg ein müder Kick, in Hof  trotz Fußball-EM vor vollem Haus ein begeistertes Publikum.  Das sich faszinieren lässt von einer heiteren, spritzigen Leichtigkeit. Ein Füllhorn voller liebevoller Einfälle, die nicht überfrachten, die dem Stück dienen. Nichts lenkt ab, alles führt hin. Die Inszenierung wird getragen von der Liebe zum Detail, jeder Schritt sitzt.  Drechsels Personenführung trägt   dem Komödiantischen Rechnung und dient der Verstehbarkeit des deutschen Textes, so dass auf eine  Untertitelung getrost verzichtet werden kann.   Weil die Themen zeitlos sind, entscheidet sich der Regisseur für Kostüme aus der Entstehungszeit und zieht den Zuschauer damit in den Sog der Erzählung. Nichts wirkt antiquiert, schon gar nicht langweilig.

Barbara Schwarzenberger entwirft Kostüme, die pointieren, ohne zu karikieren. Bunt, verspielt, charakterbeschreibend.  Und weil es um Liebe geht,  fehlt auch ein Schuss Erotik nicht.  Die Soldaten  nehmen sich selbst und die Kanone für den Hausgebrauch auf den Arm. Ein vorzügliches Bühnenbild, verantwortlich zeichnet  Anne Weiler, das in Farben und Formen auch von Rosina Wachtmeister erstellt worden sein hätte können, das die Fantasie anregt, kein großer Umbau,  eine Wolke schwebt am Bühnenrand ein, dazu ein  Blitz, dann regnet es im Wortsinn silberne Bindfäden. Niemandem muss erklärt werden, wo drinnen und draußen ist. Weil dem Zuschauer ermöglicht wird, Räume selbst ergänzen und lesen zu können. Die zeitlose Bühne mit wenigen, charakteristischen Einrichtungsgegenständen wirkt in die Breite und gibt damit den Raum, den die verschiedenen Handlungsebenen brauchen.

Arn Goerke nimmt mit den Hofer Symphonikern das zeitweise irrwitzige Tempo der Komposition gekonnt auf, sein Dirigat versteht es, einerseits die Parlandi präzise zu begleiten, um dann eine hinreißende  Dynamik zu entfalten, der sich niemand entziehen kann. Rossini, wie er gespielt werden sollte.

Drechsel stellt ein sängerisches Ensemble zusammen, das rundweg begeistert.  Dabei vertraut er auf Hauskräfte und  auf einen hochkarätigen Gast. Chong Sun, chinesischer Tenor am Haus, spielt den Grafen Almaviva, jungenhaft, den Schalk im Nacken, seine schöne Stimme ist technisch schon weit, an Ausstrahlung groß. Alles überragend Gast Rolf A. Scheider in der Rolle des Bartolo. Eine Bassstimme mit männlicher Eleganz, vollendeter Technik, der Vortrag virtuos, hochpräsent. Dazu als Mime umwerfend kauzig und komisch. Beide Frauenrollen stark besetzt: Rosina wird entzückend gespielt und gesungen von Sylvia Szadovszki, die Koloraturen beeindrucken klanglich wie technisch. Mit Ingrid Katzengruber brilliert eine weitere Ensemblekraft in der Rolle der Berta, ausdrucksstark in der Stimme wie im Spiel. Sie schafft es, in einer Nebenrolle so zu überzeugen, dass man sie sich in einer Hauptrolle wünscht. Thomas Rettensteiner: Was für ein fantastischer, stimmgewaltiger, farbenreicher Figaro! Und ein verschmitzter Schauspieler dazu. Der gekonnt den alten Vormund einseift und rasiert. Karsten Schröder, Hof, singt den verschlagenen Basilio, das Notenzeichen auf dem Rücken, das Gesicht weiß wie der Tod, den das Fieber zur  Folge haben könnte, Gesang auf hohem Niveau. Fiorillo mit erotischer Ausstrahlung und bübischer Lebensfreude, wenn er das Orchester vor dem Haus des Geizigen aufspielen lässt. Stimmlich und mimisch ein Genuss, der von Thilo Andersson auf die heimische Bühne gebracht wird. Thorsten Stammberger als Offizier und Josef Trazaskalik ergänzen ein rundum begeisterndes Team, das belegt, welches hohe künstlerische Niveau  Uwe Drechsel in Hof  erreicht hat.

Das Publikum in Hof erweist sich als begeisterungsfähig. Man kleidet sich schick im Frankenland, ohne zu übertreiben. Man feiert die Aufführung minutenlang und weiß, was man an Uwe Drechsel hatte.

Frank Herkommer



Fotos: SFF Fotodesign, Hof