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Fakten zur Aufführung 

EUGEN ONEGIN
(Peter Tschaikowsky)
20. Februar 2011
(Premiere: 11. Juni 1979)

Hamburgische Staatsoper


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Beseelte Bilder

Mitunter ist es eine sehr kluge Entscheidung, Inszenierungen über Jahrzehnte im Repertoire zu belassen. Vor allem dann, wenn eine Regiearbeit gleichermaßen durch handwerkliches Können wie durch vollkommene Zeitlosigkeit der Sichtweise auf das Stück überzeugt. So ist es mit dem Eugen Onegin, den Adolf Dresen vor fast 32 Jahren an der Hamburgischen Staatsoper herausbrachte. Vielleicht hat ihn dieser in Bezug auf das Stück besondere Ort – ein junger Kapellmeister Namens Gustav Mahler dirigierte hier die deutsche Erstaufführung im November 1892 – umso mehr inspiriert.
Die ganz aus dem Zeitgeist der Geschichte heraus entwickelten Bühnenbilder von Karl-Ernst Herrmann und die Kostüme von Margit Bárdy schaffen einen naturalistischen, dabei aber stets dezenten, niemals überladenen Rahmen für Adolf Dresens Personenregie. Die ist im besten Sinne des Wortes klassisch, zeichnet glaubwürdige Porträts der Figuren und macht die Beziehungen zwischen ihnen nachvollziehbar, ohne freilich nach spektakulären Deutungen zu suchen. Alles ist sehr sensibel auf die literarische Vorlage zugeschnitten und vermittelt vom ersten Moment an das typische russische Millieu, das Tschaikowskys Musik auf so unerreicht kongeniale Weise einfängt. Theater aus der Musik entwickelt, das ist Musiktheater auf höchster Stufe.
Das für diese Wiederaufnahme zusammengestellte Ensemble erwies sich ausnahmslos als ausgesprochen geglückte Wahl. Lauri Vasar gibt dem Onegin raue wie weiche vokale Farben, spielt ihn distanziert, zerrissen, am Ende höchst verzweifelt. Tamar Iveri ist eine stimmlich reife Tatjana, aufblühend und selbstbewusst in der Höhe, scheu, fast kindhaft im Piano, dabei mit stets ausgewogener Linie und weich strömenden Phrasen. Dovlet Nurgeldiyev gibt den Lenski mit hellem, offenen Klang, bestechender Diktion und einer so anrührend gesungenen Arie, dass das folgende tödliche Duell mit Onegin umso unverständlicher wird. In den kleineren Partien überzeugen Cristina Damian als Olga, Alexander Tsymbalyuk als Gremin, Susanne Sommer als Filipjewna, Kaja Pieweck als Larina und Jürgen Sacher als Triquet genauso mit bemerkenswerten stimmlichen Porträts wie der von Christian Günther einstudierte Staatsopernchor als Kollektiv.
Karen Kamensek nimmt den Untertitel „lyrische Szenen“ beim Wort und lässt die dramatische Geste nie zu sehr in den Vordergrund geraten. Sie betont vor allem die weiche, melancholische Seite der Partitur, nimmt einzelne Szenen durchaus kammermusikalisch zurück. Schade, dass ihr die Philharmoniker an diesem Abend vor allem in den Holzbläsern und Hörnern nicht immer mit der größten Konzentration folgten.
Einige Plätze blieben an diesem Wahlsonntag in Hamburg zwar leer, der Jubel am Ende, vor allem für Tamar Iveri, Lauri Vasar und Dovlet Nurgeldiyev war aber einhellig und verdient.

Christian Schütte








Fotos: Brinckhoff/Mögenburg
Hamburgische Staatsoper