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Fakten zur Aufführung 

ROMOLO ED ERSILIA
(Johann Adolf Hasse)
13. November 2011

Tage der Alten Musik in Herne


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Konzertante Annäherung

Die konzertante Aufführung einer dreistündigen Oper bedarf schon besonderer Faszination, um das Publikum zu fesseln. Aufgeboten werden das Orchester Café Zimmermann unter der Leitung von Attilio Cremonesi, das ChorWerk Ruhr in der Einstudierung von Sebastian Breuing und Solisten mit internationaler Erfahrung. Der Westdeutsche Rundfunk will die Oper im Rahmen seines Festivals Tage der Alten Musik in Herne als krönenden Abschluss aufzeichnen und zeitversetzt am selben Abend senden. Auch das spricht für eine zu erwartende Qualität. Geboten wird Hasses Romolo ed Ersilia, in der Romolo, Gründer und Herrscher von Rom die entführte sabinische Prinzessin Ersilia mit seiner Liebe bedrängt und sie nach allerlei Intrigen und Schlachtengetümmel mit einer großmütigen Entscheidung auch gewinnt. Von all dem wird an diesem Abend nichts zu sehen sein. Stattdessen sitzen die Zuschauerinnen und Zuschauer im halberleuchteten Saal des Kulturzentrums Herne und lauschen der konzertanten Aufführung.

Übertitel gibt es nicht, eine Nachfrage ergibt den uncharmanten Hinweis, dass der Text ja im Programmheft mitgelesen werden könne. Gelesen wird viel an diesem Abend. Die Solisten singen vom Blatt. Dazu schreiten sie zu ihrem Pult, singen ihren Part und treten wieder ab. Das bringt zwar ein wenig Bewegung in die Angelegenheit, aber auch die störenden Nebengeräusche hochhackiger Absätze auf hölzernem Bühnenboden. Etwas hölzern wirkt in der Anfangsphase der Mezzosopran von Marina de Liso, die dem Romulus keinen Charakter verleiht, sondern den Part vom Blatt singt. Später wird es in den Brusttönen runder, in den Höhen sicherer, aber blass bleibt es. Rosanna Savoia hatte drei Wochen, um den mehr als anspruchsvollen Part der Ersilia zu proben. Diese Zeit war eindeutig zu kurz. Schrill fährt ihr Sopran in die Höhe, um dort oft unvermittelt abgefangen zu werden, die Koloraturen flattern und die Stimme hebt sich unangenehm vom übrigen Ensemble ab. Johannes Chum gibt Curzio, den Vater. Dazu stellt er sich in einer Art Erzählerpose an das Pult und verharrt, was auf Dauer eher ermüdend als interessant wirkt. Seiner Stimme ist er sicher, und rund klingt sein Tenor. Robin Johannsen als Valeria und Netta Or absolvieren ihren Sopran ordentlich. Als Acronte versucht Paola Gardina erfolgreich, nicht nur die hohen Anforderungen an ihren Mezzosopran zu meistern, sondern auch so etwas wie einen „gestischen Auftritt“.

Bei aller Starre richtet sich der Blick schnell auf den unablässig  in Bewegung bleibenden Cremonesi. Mal steht er vor, mal sitzt er an seinem Hammerklavier, schon ist er rechts, dann wieder links davon, führt das Orchester mit Leidenschaft und großer Geste. Das dankt es ihm mit Präzision, Spielfreude und Konzentration. Café Zimmermann ist mit seinem Dirigenten der Höhepunkt des Abends. Breuings Chor gibt sich diszipliniert, bleibt in der Ausdifferenzierung hinter seinen Möglichkeiten zurück, genügt aber durchaus im Gesamtauftritt.

Das Publikum erfüllt zumeist die ihm zugedachte Aufgabe, nach den Solopartien zu applaudieren. Aber auch hier gilt: Es reicht, sein Missfallen durch vorzeitiges Verlassen der Aufführung kundzutun. Lautstark über Holzstufen zu marschieren, ist keine Meinungsäußerung , sondern Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Zuschauern. Die Pause ist für viele Zuschauerinnen und Zuschauer der Schlusspunkt der Veranstaltung. Schade, Cremonesi und sein Orchester haben geglänzt und dem Festival mit seinen vielen Höhepunkten zu einem gelungenen Finale verholfen. In diesem Sinne: Auf Wiedersehen im nächsten Jahr!

Michael S. Zerban






 
Fotos: Thomas Kost