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Fakten zur Aufführung 

RUMOR
(Christian Jost)
21. März 2014
(Premiere)

Theater Heidelberg

Points of Honor                      

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Gesang

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Geheimnisvolle Schnipsel

Mit einem Messer im Rücken liegt eine junge Frau auf dem Festplatz. Wer ist sie? Wie kam sie zu Tode? Wer ist der Mörder? In seiner Oper Rumor, was sich mit „Gerücht“ deuten lässt, erzählt der hoch gelobte Komponist Christian Jost eine wirre Geschichte nach dem Roman Der süße Duft des Todes von Guillermo Arriaga. Jost will dabei ein Vexierbild schaffen, das sich aus szenischen Schnipseln fügt und das Reale immer mehr ins Irreale gleiten lässt. Zeit und Raum, kausale Zusammenhänge und irrationale Phantastik gehen seltsame Verschränkungen ein, wobei die klaustrophobische Enge einer Dorfgemeinschaft immer stärker Bewusstsein und Handeln der Figuren beeinflusst. In den verschiedenen Zeitebenen wird die Tote wieder aus Erinnerungsbruchstücken zusammengesetzt und lebendig. Und das ist gut so, denn die Sopranistin Irina Simmes verhilft dieser Adela mit brillantem Gesang zu irisierendem Leben.

Jost benötigt und verschleißt ein Dutzend Sängerinnen und Sänger, um seine Version von Gerüchten, die sich verselbstständigen und Eigenleben annehmen, zu erzählen. Seine Musik ist oft grell und schärft sich durch schroffe Akzente, die vom gut aufgelegten Heidelberger Orchester unter Leitung von Yordan Kamdzhalov energisch ausgelebt werden. Die Szene ist von Lorenzo Fioroni als wirres Durcheinander der Figuren angerichtet, sie tun geschäftig und bleiben auch im blutigen Gewand recht blutleer. Zu sehr scheint sich Christian Jost in der komplexen Verschränkung von Musik, eigenem Libretto, Bühne und Kostümaufwand zu verheddern. Denn die Bühne von Ralf Käselau und die Kostüme von Sabine Blickenstorfer tragen leider wenig zur Erhellung bei, zumal die Nebelschichten sogar die Übertitelungsanlage beeinträchtigen.

Doch der stabile, von Anna Töller eingerichtete Chor und gute Sänger sind Pluspunkte. Namwon Huh als Ramón beispielsweise bringt seinen Tenor vorteilhaft zur Geltung, Anna Peshes – hier eine Geliebte – ist immer gut in Form, und die tiefen Männerstimmen von James Homan und Wilfried Staber haben Biss und Kontur, auch Winfried Mikus mit seiner so unverwechselbar timbrierten Tenorstimme gibt einen einprägsamen Jäger ab.

Die deutsche Erstaufführung der vor zwei Jahren in Antwerpen uraufgeführten Oper darf als ambitionierter Versuch angesehen werden, das Genre Oper zu renovieren und auf zeitgemäße Beine zu stellen. Ganz geglückt erscheint das Vorhaben zumindest in der Heidelberger Version leider nicht. Das Premierenpublikum steigert den anfangs zögerlichen Beifall zu einigen Vorhängen. Dem Haus innig verbunden, vergessen die Besucher den Begriff „Buh“.

Eckhard Britsch

 





Fotos: Florian Merdes