Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

ARIADNE AUF NAXOS
(Richard Strauss)
19. Mai 2012
(Premiere)

Theater Heidelberg

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Nach dem Schmerz beginnt das Leben

Dieser Überschwang an musikalischen und szenischen Einfällen – Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal haben wahrlich an nichts gespart, um den mythologischen Stoff von einer Prinzessin, die auf ferner Insel einsam und verlassen schmachtet, bühnengerecht zu servieren. Da lässt auch die Heidelberger Inszenierung von Lorenzo Fioroni nichts aus, um den Zweiteiler aus „Vorspiel“ und „Oper“ so griffig vorzuführen, dass die Szene zuweilen die Musik zu erdrücken scheint.

Das Publikum indes ist guter Stimmung, obwohl diese Produktion die letzte im vorgeblichen Provisorium namens Opernzelt darstellt und Generalmusikdirektor Cornelius Meister das Weite sucht. Im guten Sinne, denn der Dirigent ist gefragt, und nach seinen viel beachteten Gesellenjahren in der zauberhaften Kleinstadt Heidelberg darf er jetzt die große Karriere in Angriff nehmen. Und das Opernzelt wird Ende Juni abgebaut, damit im Herbst das grundlegend restaurierte, umgebaute und erweiterte Stadttheater neu eröffnet wird. Intendant Holger Schultze darf ernten, was sein Vorgänger Peter Spuhler gesät hat, der wiederum jetzt als Generalintendant in Karlsruhe bald wieder eine Baustelle beaufsichtigen wird. Doch Kunst braucht Raum und Räume, und in Baden-Württemberg werden Gelder locker gemacht. Schön für das Land und seine Bürger.

Ariadne sitzt traurig in einer schäbigen Theatergarderobe, die Ralf Käslau als öde Stätte präsentiert. Da lässt es sich schmerzvoll dem ausgebüchsten Theseus nachtrauern, was Yannick-Muriel Noah mit ihrem dramatischen Sopran eindrucksvoll gelingt; verstörend, wie sie per Klebeband den Faden am Boden memoriert, mit dem sie einst den göttlichen Gatten rettete. Aber was ist der Dank? Nun denn, es geht hier nicht um Moral, sondern um ein hochmusikalisches Spiel, das von Cornelius Meister gemeinsam mit dem Philharmonischen Orchester sehr gut angerichtet wird. Da stimmen die Gewichte, süffig kommen die Emotionen der Figuren, schön werden die Klangfarben aufgefächert. Ariadne darf sich irgendwann an einem Erlöser-Bacchus erfreuen, den Ta’u Pupu’a weniger heldisch als mit warmem Timbre ausstattet. Heldisch aber ist er figürlich, denn im früheren Leben reüssierte er als Football-Spieler. Der Glanzpunkt des Premierenabends aber ist Sharleen Joynt als Zerbinetta, deren herrliche Koloraturen und locker-präsenter Vortrag zu einem bestaunenswerten Erlebnis werden. Dazu Annika Sophie Ritlewski als Echo, dazu die Nebenfiguren – das ist mehr, als ein Stadttheater üblicherweise zu bieten hat.

Kleinere Fragezeichen wären allenfalls beim so genannten „Vorspiel“ angebracht. Ja, das geforderte Personal der Commedia dell‘arte ist präsent und agiert  äußerst spielfreudig in der frechen Kostümierung von Sabine Blickenstorfer. Das ist gut so, doch noch besser wäre, wenn die turbulente Szene nicht ab und an die Musik überlagern wollte, so dass der feine Konversationsstil irgendwo unter dem Opernhimmel verschwände. Doch scheint diese Anmerkung wiederum  Beckmesserei, denn erlaubt ist, was gefällt. Jedenfalls, mit dem netten Hosenrollen-Komponisten Anna Peshes, dem komisch-intensiven Musiklehrer James Homann, dem eitlen Haushofmeister AP Zahner, dem opulent singenden Tanzmeister Angus Wood und der Harlekinade um Haris Andrianos, Winfrid Mikus, Wilfrid Staber und Shanghoon Lee zeigt das Haus eine eindrucksvolle Ensemblequalität.

Abschiedsschmerz schwingt mit bei dem in großem Beifall vereinten Premierenpublikum, denn das Provisorium Opernzelt hat trotz aller künstlerischen Einschränkungen heimelige Gefühle aufkommen lassen.

Eckhard Britsch





Fotos: Klaus Fröhlich