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Fakten zur Aufführung 

LA VOIX HUMAINE
(Francis Poulenc)
11. April 2012
(Premiere am 14. März 2012)

Staatsoper Hannover in der Cumberlandschen Galerie


Points of Honor                      

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Intime Einblicke

Im historischen Treppenhaus der unter Denkmalschutz stehenden Cumberlandschen Galerie, einer kleinen Nebenspielstätte der Niedersächsischen Staatstheater, findet eine ganz besondere Aufführung statt: die einaktige Oper La voix humaine, in französischer Sprache, 1959 von Francis Poulenc für Orchester und Singstimme geschrieben, hier jedoch in der Fassung für Sopran und Klavier dargeboten. Nur selten ist das Werk so zu erleben.

Mit jazziger, aber nicht zu „fetziger“ Musik wird der Zuschauer bereits vor Aufführungsbeginn empfangen. Im Treppenhaus stehen einige Tische, an denen bis zu vier Zuschauer Platz finden, einige wenige sitzen an der Hausbar, und die restlichen Zuschauer finden auf zwei Hinterbänken Platz. 

Die Solistin, Arantxa Armentia, sitzt am vorderen Tisch im Publikum und es fällt fast schwer, ihr den anfänglichen Gesang zuzuordnen. Normalerweise sind die Protagonisten ja auf der Bühne präsent. In ihrer Rolle als einsame Frau, die am Telefon mit ihrem Partner ihre Beziehung verhandelt, geht sie wahrlich auf. Sie durchlebt eindrucksvoll alle Emotionen des menschlichen Seins. Verzweifelt gibt sie sich, als sie ihrem Gesprächspartner vermittelt, dass sie beim Warten auf seinen Anruf fast verrückt geworden sei. Beinahe resignierend kauert sie sich anschließend auf der Treppe zusammen. Dann wiederum verhält sie sich gar wahnhaft, weil die Nachbarn die Musik zu laut gedreht haben. Ihre Gefühle spiegelt sie beeindruckend im Gesang wider. Vom feinen pianissimo schafft sei ein wunderbares und galantes crescendo, bis sie beim fortissimo anlangt. Nie werden ihre Worte undeutlich, es ist immer möglich, den französischen Text zu verfolgen. Selbstbewusst bewegt sie sich im Publikum hin und her, dreht sich auch mal weg, aber ohne dass ihr voller Sopran die Präsenz verlöre. Fast ausschließlich durch schwarze Kleidung kehrt Kostümbildnerin Elvira Freind die Psyche ihrer Protagonistin nach außen. Bis auf ein rosafarbenes Kleid, über dem sie einen Mantel trägt, würden jegliche Farbreize nur vom eigentlichen Geschehen ablenken.

Begleitet wird Arantxa Armentia am Flügel von Mzia Jajanidze. Sie vermag es, den Gesang nicht nur zu unterstützen, sondern auch eigene Impulse zu vermitteln. Am Zeilenende des Gesangs folgen oft zwei Akkorde im Abstand einer Sekunde, die sie schön von der rezitativischen Begleitung absetzt. Auch melodische Teile im ¾- Takt gibt es, die sie beschwingt und dennoch mit der nötigen inhaltlichen Schwere wiedergibt.

Tobias Ribitzki ist ein intimer Einblick in die Psyche einer offenbar immer weiter dem Wahn verfallenen Frau gelungen. Er präsentiert auf kleinstem Raum ein Stück mit großer Wirkung, das vom Publikum auch als solches erfasst wird. Nach und nach legen die Zuschauer sogar die Programmhefte mit der deutschen Übersetzung beiseite, damit sie sich mehr auf die Protagonistin einlassen können. Mit einigen Bravo-Rufen werden Sängerin und Pianistin in den Abend entlassen.

Agnes Beckmann







Fotos: Daniel Kunzfeld