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Fakten zur Aufführung 

DER TEUFEL MIT DEN DREI GOLDENEN HAAREN
(Stefan Johannes Hanke)
24. Mai 2012
(Uraufführung am 11. Mai 2012)

Junge Oper Hannover

Points of Honor                      

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Jetzt wird's spannend

Ein ganzer Saal voller Kinder, ein paar Lehrer und Eltern – die Junge Oper Hannover ruft dieses Mal zur interaktiven Mitmachaktion Oper auf. Ganz zur Freude der Kinder, die schon jubilieren, als das Glückskind, dessen Geschichte erzählt wird, nicht auf der Bühne, sondern mitten unter ihnen im Publikum zu singen beginnt. Zuerst noch skeptisch ob der ungewohnten Form des klassischen Gesangs, finden sich die Jungen und Mädchen schnell mit dieser Form des Musiktheaters zurecht und folgen gespannt dem Geschehen. Das Glückskind hat sich nämlich in den Kopf gesetzt, die Tochter des Königs zu heiraten und dem trist und karg gewordenen Königreich das Glück zurückzubringen. Der König ist damit nicht einverstanden und unterzieht den Jungen einer Prüfung: er soll aus der Hölle drei goldene Haare des Teufels mitbringen, dann ist er der Prinzessin würdig.

Tobias Ribitzki bringt das einstündige Werk auf die Bühne, das zwar ein bisschen düster ist, die Kinder aber trotzdem oder gerade deswegen in seinen Bann zieht. Aufmerksam folgen sie der Handlung, und als der König den Jungen in die Prüfung schickt, sagt ein Mädchen aufgeregt: „Jetzt wird’s spannend.“ Pablo Mendizábal hält die Bühne recht schlicht und beschränkt sich mit einer drehbaren Treppe, dem Holzgerüst einer Hütte und einem Feuerkessel auf die wesentlichen Dinge, die den Handlungsverlauf und den Ort des Geschehens verdeutlichen. Auch die Kostüme von Elvira Freind sind in gedeckten Tönen gehalten. Heraus sticht lediglich der König, der in seinem blauen Bademantel und dem bauchfreien Oberteil so gar nicht ernst zu nehmen ist.

Neele Kramers Mezzosopran eignet sich hervorragend für die Rolle des Glückskindes. Mit fester Stimme singt sie sich den Weg durch das Reich des Teufels und interagiert auch mit den Kindern, als sie so tut, als hätte sie die goldenen Haare verloren. Michael Chacewicz bringt einen herrlichen Teufel auf die Bühne. Er ist die Verkörperung des Bösen, aber zugleich so liebreizend, als er sich zum Schlafen auf den Schoß seiner Großmutter legt. Auch den Anführer der Räuber gibt er mit sattem Bariton selbstsicher. Hyun-Bong Kil als weiterer Räuber und Fährmann und Daniel Eggert als Räuberkollege und Großmutter machen besonders in den Rollen der Bösewichte Spaß. Halb dümmlich, halb zum Liebgewinnen, setzen sie sich für das Leben des Glückskindes ein und besiegen den König schlussendlich. Dieser wird überzeugend gespielt von Claus Koschinski, der ausschließlich Sprechparts hat. Er lebt in einer Welt, in der das Glück nicht mehr existiert und er es deshalb auch seiner Tochter, gespielt von Tiina Lönnmark, nicht gönnt. Unbefangen stellt sie sich der Situation und beschreibt in ihren Arien ihr Schicksal.

Das Stück ist dem Komponisten Stefan Johannes Hanke musikalisch absolut überzeugend gelungen. Es gibt beispielsweise einen Sprechgesang, in dem die Männerstimmen das „s“ im Wort „Glückskind“ richtig bedrohlich intonieren und in teuflisches Gelächter übergehen lassen. Obwohl das Stück von Neuer Musik dominiert ist, bleibt doch Platz für einen hübschen Walzerrhythmus. Des Teufels Großmutter verlangt als Unterhaltungsprogramm danach, und ein Posaunist aus dem Staatsorchester erfüllt ihr auf der Bühne diesen Wunsch. Wunderschön ist auch das Schlaflied, bei dem das Publikum mitsummen darf. Benjamin Reiners ist der Aufgabe absolut gewachsen und dirigiert sowohl die Sänger als auch die Musiker auf den Punkt genau.

Das Stück erntet viel Applaus, einige Kinder fordern sogar eine Zugabe. Ein gutes Zeichen für eine gelungene Aufführung ist zudem, dass die Jungen und Mädchen so ruhig auf ihren Plätzen gesessen haben. Eine interaktive Oper mit Inhalt im Gewand der Neuen Musik scheint also eine gute Form zu sein, auch den Kleinen das Format des Musiktheaters näher zu bringen.

Agnes Beckmann





Fotos: Daniel Kunzfeld