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Fakten zur Aufführung 

DIE SHOW IHRES LEBENS
(Bill Russell/Henry Krieger)
10. März 2012
(Premiere am 11. Februar 2012)

Theater für Niedersachsen, Hildesheim

Gastspiel im Theater am Aegi, Hannover


Points of Honor                      

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Nicht ohne meine Schwester

Das Theater für Niedersachsen (TfN) bringt das Broadwaymusical Die Show ihres Lebens als deutschsprachige Erstaufführung auf die Bühne. Inspiriert durch die wahre Lebensgeschichte der siamesischen Zwillingsschwestern Daisy und Violet Hilton aus den USA, entführen der Komponist Henry Krieger und der Autor Bill Russell das Publikum ins Amerika der 30-er Jahre. Dort tourt ein verrückter „Zirkus“direktor mit einer Freakshow durchs Land. Diese besteht aus Menschen mit Anomalien, beispielsweise Verkrüppelungen.  Auch ein Schwarzer und das siamesische Schwesternpaar sind Teil des Ensembles. Die beiden Schwestern Daisy und Violet sind die Stars jeder Veranstaltung und werden wegen ihres Gesangstalentes sogar von Talentsucher Terry, der nicht ohne Gesangslehrer Buddy unterwegs ist, freigekauft. Bis nach Hollywood schaffen sie es, werden aber trotzdem nicht als ganze Künstlerinnen anerkannt, sondern müssen sich immer wieder sehr intimen und peinlichen (Presse-)Fragen stellen. Die Hoffnung auf ein Happy End bleibt versagt. 

Erfrischend sind das Bühnenbild und die Kostüme von Manfred Breitenfellner. Er zaubert viele Epochen auf die Bühne: Mal treten die Schwestern wie Pharaoninnen auf, während hinter ihnen die Diener in einem eindimensionalen Boot rudern, dann wieder wird der Zuschauer scheinbar auf einen Ball des 18. Jahrhunderts mitgenommen, bei dem galante Damen und Herren mit ausgefallenen Perücken tanzen. Weiter geht es in die 30-er Jahre, in denen der Swing regiert, bis Daisy und Violet schließlich mit „ihren“ Männern in einem Achterbahnwagen in Las Vegas landen. Es blinkt und glitzert um sie herum, und der Zuschauer hat allerhand zu gucken. Hier soll auch die schöne Idee von drei Tanzpaaren Erwähnung finden, die im Hintergrund in schwarzen hautengen Lackanzügen eine großartige Choreografie zu ebenjener Szene abliefern. Jacqueline Dunnley-Wendt hat sich nicht nur hier wunderbar beweisen dürfen, sie hat auch die Bewegungsabläufe und Tänze der Schwestern sehr gut zur Geltung gebracht. Synchronität und Eleganz stehen bei ihr ganz wunderbar im Vordergrund.

Natürlich ist jede Choreografie nur so gut wie ihre Umsetzung. Hier ist Navina Heyne als Daisy und Regine Sturm als Violet ein großes Kompliment zu machen. Sie arbeiten und agieren perfekt zusammen. Darstellerisch wie schauspielerisch begeistern die beiden mit ihrer Präsenz. Sturm schafft es dabei, mit viel Wärme und Innigkeit die Zuschauer für sich zu gewinnen, während Heyne eher stürmischer und lebhaft singt. Frank Brunet als Terry Connor gibt den galanten, großzügigen Lebemann glaubhaft, ebenso wie Jens Plewinski den jugendlichen Buddy Foster, der sich mit der Hochzeit schlussendlich übernimmt. Plewinskis Stimme könnte allerdings noch mehr aus der Brust kommen. Ganz großartig zeigt sich Jonas Hein als der Afroamerikaner Jake und beste Freund der Schwestern. Er singt die Liegetöne ohne Ungenauigkeiten aus und erfreut mit voller Stimme.

Craig Simmons will mit der Inszenierung aber nicht nur für Freude und Heiterkeit sorgen, sondern auch die Dimensionen der Einsamkeit und der Miss- beziehungsweise Verachtung thematisieren. Die Ausgrenzung von Jake, die immerwährenden sehr intimen Fragen an die Schwestern, die Fehlentscheidung Violets, Buddy zu heiraten und das letztendliche Alleinsein der Schwestern sind nur einige der Gesichtspunkte, mit denen das Musical glänzt.

Unter der Leitung von Leif Klinkhardt fängt das Orchester diese vielfältigen Facetten auch musikalisch ein. Echte Broadway-Stimmung kommt durch die einerseits temporeichen, andererseits aber auch gefühlvollen Nummern auf. Die Duette der Schwestern sind wunderschön und ernten angemessenen Beifall. Überhaupt gibt es Szenenapplaus und zum Schluss sogar teilweise stehende Ovationen, auf jeden Fall aber viele Bravorufe. Das Publikum ist begeistert.

Agnes Beckmann

Fotos: Andreas Hartmann