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Fakten zur Aufführung 

LADY IN THE DARK
(Kurt Weill)
25. Oktober 2011
(Premiere am 15. Oktober 2011)

Staatsoper Hannover


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Traumdeutung à la Weill

Kurt Weills Musical Lady in the Dark kam 1941 am Broadway zur Uraufführung und war ein gutes Jahr lang sehr erfolgreich. Danach wurde es etwas stiller um das Stück. In Deutschland gab es bislang nur vereinzelt Aufführungen, erstmalig 1951 in Kassel. Die Geschichte dreht sich um Liza Elliott. Sie ist erfolgreiche Herausgeberin eines Modemagazins und gerät auf dem Höhepunkt ihrer Karriere in eine schwere Krise. Unerklärliche Ängste vor dem Leben und vor sich selbst bestimmen sie, nächtliche Träume zeigen sie ihr selbst ganz glamourös, als Frau von Lust und Leidenschaft, weit entfernt von der kühlen und kontrollierten Geschäftsfrau. Ein Lied aus ihrer Kindheit drängt sich ihr immer wieder in den Sinn, ohne dass sie es genau identifizieren kann. Schließlich sucht sie den Weg zu einem Psychoanalytiker, um ihren seltsamen Verstimmungen auf den Grund zu gehen. Im Lauf des Stücks werden Liza ihre Vergangenheit, vor allem ein Kindheitstrauma, aber auch ihre Wünsche und Sehnsüchte immer klarer. Die Szenenfolge gliedert sich in die Besuche bei ihrem Analytiker, vier große Traumsequenzen und Szenen, die sie bei ihrer Arbeit zeigen. Liza Elliott steht zwischen zwei Männern und kann sich nicht entscheiden. Am Ende schließlich kommt sie mit einem dritten zusammen – die gemeinsame Erinnerung an das Lied aus Kindertagen, die zum Schluss ganz deutlich wird, verbindet beide.

Äußere Handlung steht also in diesem Musical weniger im Mittelpunkt als die psychische Entwicklung der weiblichen Hauptfigur. Aufgeladen von Aktionen und Emotionen sind vor allem die Traumszenen, die sind auch musikalisch am stärksten gelungen. Dazwischen gibt es nicht nur umfangreiche, sondern mitunter lange Dialogszenen, die sich nicht recht vom Fleck zu bewegen scheinen. Das Thema Psychoanalyse wird mit einigen Klischees beladen, die heute so keine Gültigkeit mehr haben. So lohnenswert einerseits also die Entdeckung dieses in den Hintergrund geratenen Stückes ist, so sehr offenbart sie andererseits auch die immanenten kleinen Schwächen in der Dramaturgie des Librettos.

Davon lässt sich Regisseur Matthias Davids allerdings überhaupt nicht beeinflussen und erzählt die Geschichte mit Verve und Tempo. Heinz Hause hat als durchgängiges Bühnenbild eine Konstruktion entworfen, die wie eine die ganze Bühne einnehmende aufgeklappte Seite eines Magazins aussieht – das Modemagazin Liza Elliotts, oder aber auch abstrakt eine aufgeschlagene Seite eines Menschen, einer Seele – vieles ist möglich. Ein rahmenartiger Ausschnitt birgt mal einen Spiegel, vor dem die Couch des Psychoanalytikers, die hier allerdings ein bequemes Bett ist, steht, gibt mal den Blick auf eine aufgemalte Skyline frei. Aus dem Fußboden taucht in den entsprechenden Szenen Lizas Schreibtisch auf, viele weitere kleine Einfälle lassen immer wieder belebte und lebendige Bilder entstehen. Die Kostüme Judith Peters zitieren in den Realszenen die Mode der 40-er Jahre, lassen in den Traumsequenzen der Phantasie freien Lauf für viele Assoziationen und Details. So entsteht insgesamt eine optisch sehr ansprechende Show, treffende Darstellungen der einzelnen Charaktere, Bilder voller Schwung – unterstützt durch die Choreographien Melissa Kings – kurzum: eine runde Sache.

Dafür sorgen ebenfalls Mark Rohde und das Staatsorchester, die Weills Musik pointiert swingend, mit Leichtigkeit und Esprit zum klingen bringen. Unter den  genauso schauspielerisch wie sängerisch geforderten Protagonisten überzeugt vor allem Winnie Böwe als zwischen Traum und Wirklichkeit changierende Liza. Die sie umgarnenden Männer sind mit Christopher Tonkin als Randy Curtis, Fabian Gerhardt als Charly Johnson und Roland Wagenführer als Kendall Nesbitt mehr als nur typengerecht besetzt. Uwe Kramer ist ein besonnener Psychoanalytiker Dr. Brooks. Als Lizas Angestellte geben Daniel Drewes als Russell Paxton, Kerstin Thielmann als Maggie Grant, Katharina Solzbacher als Alison du Bois und Mareike Morr als Elinor Foster ihren Rollen Profil. Die übrigen Solisten in den kleinen Partien sowie der Staatsopernchor und das Ballett vervollständigen das kompetente Ensemble.

Das Publikum lässt sich vom beschwingten Lauf des Abends anstecken, applaudiert gut gelaunt und bekommt dafür sogar noch eine kleine Zugabe. 

Christian Schütte






 
Fotos: Jörg Landsberg