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Fakten zur Aufführung 

KING ARTHUR
(Henry Purcell/Roderik Vanderstraten)
2. November 2011
(Premiere am 29. Oktober 2011)

Junge Oper im Ballhof,
Staatsoper Hannover


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

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Vor der Aufführung

Henry Purcells King Arthur eröffnet den Premierenreigen der Jungen Oper Hannover. Christian Schütte hat mit der Dramaturgin Sylvia Roth über das Stück und die Inszenierung gesprochen. (4'11).


 

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Kriegsfacetten

In Henry Purcells Semi-Oper King Arthur geht es um Krieg – König Arthur gegen den Sachsenkönig Oswald. Der politische Konflikt wird durch einen privaten verschärft – Oswald liebt Emmeline, Arthurs Geliebte. Es geht in diesem Stück aber auch um Zauber und Magie – Merlin und die ihm verbundenen Geister nehmen entscheidenden Einfluss auf die Handlungen der Protagonisten, machen ihr Handeln mitunter erst möglich.

Regisseurin Bernarda Horres und ihr Team haben sich für ihre Sichtweise auf King Arthur für die Junge Oper Hannover nun entschieden, die Ebene des Zauberhaften ganz auszublenden und den Fokus ausschließlich auf das Moment des Krieges zu legen sowie die handelnden Personen dafür auf Arthur, Oswald und Emmeline zu reduzieren. Dafür hat Anja Jungheinrich eine weiße Fläche als Bühne gebaut, nur von einem Gitter im Hintergrund begrenzt, durch deren Mitte ein Graben läuft. Darin fließt Blut. Darin waschen sich die Jugendlichen, die als Sprechchor in die Produktion integriert sind, Hände und Arme. Die Kostüme von Alexandra Pitz sind fast ausschließlich schwarz-weiß, wozu das Rot des Blutes natürlich einen kräftigen Kontrast bildet. Dieser blutige Graben teilt die Bühne nicht nur in zwei Hälften, er symbolisiert auch überdeutlich, dass hier zwei Seiten gegeneinander kämpfen. Wer allerdings genau zu welcher Seite gehört, bleibt durchaus diffus. Denn auch Arthur und Oswald, die als Köpfe der beiden Seiten funktionieren, tragen identische Kleider, einzig eine goldene Krone hebt Arthur ab. Die Hin- und Hergerissenheit der Emmeline wird durch die Aufteilung der Figur auf drei Sängerinnen gezeigt, die dazu mit ihren unterschiedlichen Stimmfarben persönlich beitragen.

Die Betonung des Kriegselements steigern die Regisseurin und der musikalische Bearbeiter Roderik Vanderstraeten, indem sie zwischen den Originalabschnitten der Purcell-Oper Passagen einflechten, in denen die Jugendlichen, die als unter dem Krieg leidendes Kollektiv gezeigt werden, eigene Texte sprechen, die das Thema Krieg aufgreifen, teils auch eigene Musik – sowohl mit ihren eigenen Instrumenten, vor allem Gitarren, als auch improvisierende rhythmische Elemente auf Ölfässern. Durch die schwarz-.weiß-Zeichnung des gesamten Bühnengeschehens entstehen so durchaus atmosphärisch packende Bilder. Die bilden mit den Purcell-Passagen keine Einheit, funktionieren vielmehr als Versatzstücke. Das betont die Zerrissenheit der Figuren, wirft gleichzeitig die Frage auf, inwieweit die Vorlage für diese Interpretation Grundlagen schafft. 

Was bleibt, sind dennoch die starken, kräftigen Bilder – fast zu stark für die feine, filigrane Musik Purcells, die Siegmund Weinmeister und die Musiker des hier nur im Kammermusik-Besetzung geforderten Staatsorchesters ebenso pointiert wie subtil zum Klingen bringen. Die Ensemblemitglieder der Jungen Oper sind hier mehr als Schauspieler denn als Sänger gefragt. Im Original sind die Hauptfiguren Sprechrollen, gesungen wird von Geistern und Erscheinungen. Diese Gesänge sind nun auf die Protagonisten verteilt und spiegeln gut ihre Zustände und Empfindungen wider. Dabei lassen Tiina Lönnmark und Denise Fischer mit klar leuchtenden Sopranstimmen und Neele Kramer mit klangintensivem Mezzo als dreifache Emmeline, Daniel Eggert mit profundem Bass als Arthur, Michael Chacewicz mit noblem Bariton als Oswald und Hyun-Bong Kils lyrisch gefärbter Tenor erkennen, dass da eine ganze Menge mehr stimmliches Potenzial zu entdecken gewesen wäre. Ein souveränes vokales Ensemble sind die Mitglieder des Extrachores der Staatsoper. Sie sitzen fast den ganzen Abend über seitlich der Bühne, szenisch unbeteiligt, werden nur in der Schlussszene in das kollektive Geschehen mit einbezogen. Und schließlich nehmen die Jugendlichen ihren Auftrag auf der Bühne mit großer Präsenz und Lust am Spiel wahr und werden so zur eigentlichen Hauptfigur des Stücks.

Das Publikum, was zu einem großen Teil aus Jugendlichen besteht, ist jedenfalls sehr angetan – begeisterter, wenn auch nicht allzu langer Beifall.

Christian Schütte






 
Fotos: Daniel Kunzfeld