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Fakten zur Aufführung 

HOFFMANN ERZÄHLT
(nach Jacques Offenbach)
1. Dezember 2011
(Premiere am 30. November 2011)

Oper an der Leine

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Geschichten vom Dachboden

Die Oper an der Leine hat sich als Ensemble für ungewöhnliche Opernprojekte in Hannover und Umgebung seit vielen Jahren einen Namen gemacht. Als Verein organisiert, besteht das Ensemble sowohl aus festen Mitgliedern als auch aus projektbezogenen Gästen, die sämtlich professionelle Sänger und Musiker sind. Eine feste Spielstätte gibt es nicht, die will also stets neu gefunden werden. Jetzt ist es der Mehrzwecksaal eines nicht mehr ganz so charmanten Freizeitheims in einem ohnehin eher grauen Stadtteil am südlichen Rand Hannovers. Oper gibt es hier nicht oft zu sehen.

Mit seiner aktuellen Produktion Hoffmann erzählt leistet das Ensemble einen gelungenen Beitrag zum immer bedeutsamer werdenden Sektor der Oper für Kinder und Jugendliche. Jacques Offenbachs Hoffmanns Erzählungen ist die Grundlage, auf der die gut einstündige Vorstellung entstanden ist. Die Handlung spielt auf einem Dachboden, wo der Dichter Hoffmann sein dort verstecktes Geld, aber auch Inspiration sucht. Sein Geld braucht er dringend, weil der unnachgiebige Hauswirt Herr Koppel ihm wegen Mietrückständen auf dem Fuß und eben auch auf den Dachboden folgt. Hoffmann trifft dort aber auch auf das junge Mädchen Nicola, die viel lieber Nic genannt werden will und sich gern jungenhaft gibt. Hoffmann erzählt dem Mädchen und dem unwirschen Hauswirt von seinen Geschichten. Nicola fragt immer wieder nach, warum er nicht mal Liebesgeschichten schreiben möchte, die seien doch sicher besser zu verkaufen. Auf einmal fallen dem Dichter dann die Episoden seines Lebens ein, in denen ihm selbst dieses Thema schon einmal wiederfahren ist – die Begegnungen mit Olympia, Antonia und Giulietta. Der Dachboden, auf dem nur ein paar Möbel stehen, die wie vom Sperrmüll gerettet scheinen, wird für Hoffmann zum Ort der Erinnerung.

In der fantasievollen Regie von Patricia Harloss und mit den liebevoll gestalteten Kostümen von Petra Laas hat das Team um den künstlerischen Leiter Tilman Birschel also das Grundgerüst der Oper erhalten, die Komplexität der zwischenmenschlichen Beziehungen ist freilich nur schemenhaft erkennbar. Die wichtigsten Figuren kommen mit Hoffmann und den drei Frauengestalten vor, Nicola steht für Hoffmanns Muse Niklas, Herr Koppel für die vier Bösewichter Lindorf, Coppelius, Dr. Mirakel und Dapertutto. 

Offenbachs Vorlage ist sehr geschickt und mit viel Spielwitz in eine Geschichte übersetzt worden, die absolut kindertauglich ist, gleichzeitig aber auch Erwachsenen, die Offenbachs Oper kennen und einige Details sicher besser einordnen können, großen Spaß macht. Die Musik ist für drei Instrumente – Klavier, Geige und Akkordeon – bearbeitet und präsentiert vor allem die Schlager der Oper: das Lied von Klein Zack, die Puppe Olympia, die Barcarole. Dazwischen gibt es eine Menge gesprochenen Text. Sängerisch und schauspielerisch steht ein Ensemble in bester Laune auf der Bühne, das nie in allzu opernhafte Gesten verfällt, den musikalischen Nummern aber gleichwohl stimmliches Gewicht gibt. Karl Schneider ist mit kernigem Tenor der stetig nach Eingebung suchende Dichter Hoffmann, Laura Pohl mit vor allem in den Koloraturen starkem Sopran die Verkörperung der drei Frauengestalten. Tilman Birschel spielt und singt einen kauzigen und knickrigen Herrn Koppel, Lena Kutzner ist eine kecke Nicola, in den kurzen Gesangseinlagen lässt ihr Mezzosopran aufhorchen. Die drei Musiker Leif Klinkhardt am Klavier, Vladimir Gorup am Akkordeon und Guido Eva an der Geige werden gelegentlich auch mit ins Geschehen einbezogen und sorgen für eine schwungvolle und pointierte Begleitung.

Die Kinder im Publikum, überwiegend Schulklassen, lassen sich zu rhythmischem Applaus mitreißen, verlangen am Ende gar nach einer Zugabe. Ein verdienter Erfolg für die Oper an der Leine.

Christian Schütte






 
Fotos: Martin Widdel