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Fakten zur Aufführung 

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(Wolfgang Amadeus Mozart)
30. Oktober 2011
(Premiere am 28. Oktober 2011)

Hochschule für Musik, Theater
und Medien Hannover


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Minimalismus mit großer Wirkung

Machen es alle Frauen so?“ lautet der ins Deutsche übertragene Untertitel, den die Hochschule für ihre Aufführung gewählt hat. Im Gegensatz zu früheren Opernproduktionen fällt die Entscheidung dieses Mal zugunsten der Originalsprache aus. Statt klassischer Obertitel werden dem Zuschauer Zusammenfassungen des gerade auf der Bühne verhandelten Inhalts mit auf den Weg durch die Aufführung gegeben. Das lässt dem Betrachter größeren interpretatorischen Spielraum. Vor allem muss so niemand permanent mit den Blicken an den Obertiteln kleben, die Konzentration kann ganz auf die Darstellung und das gesangstechnische Können gerichtet werden.

Matthias Remus hat die Handlung zwar ins Diesseits versetzt und den Chor zumindest in der Anfangsszene zu flachsenden, flaschenbiertrinkenden Bewohnern transformiert; ansonsten ist von einer Umwandlung von Zeit oder Raum bzw. einer Neuinterpretation der Handlung aber nichts zu bemerken. Sein Ansatz ist die  klassische (De-)Maskierung, mit der sich die Protagonisten immer wieder zu befassen haben.

Sowohl das Bühnenbild als auch die Kostüme entstanden in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Hannover, für Erstgenanntes zeichnen Lucie Audau und Mona Lühring, für Zweitgenanntes Daniela Bayer und Sophie Leypold verantwortlich. Das Motto kann klar mit „weniger ist mehr“ beschrieben werden: So ist die Bühne eine einzige Rasenfläche, auf der zwei Stühle stehen und die später durch einen Vorhang geteilt wird. Die Kostüme sind schlicht und größtenteils in den Farben rosa, grau und hellgrün gehalten. Die Choristen als Volk von der Straße tragen alle dasselbe und wirken deshalb ebenso austauschbar wie die jeweils gleichgekleideten weiblichen und männlichen Paare. Das gilt auch für Despina und Don Alfonso, die in tiefschwarzer Garderobe nicht aus dem Bekleidungsschema fallen. Lediglich die „Verwandlung“ in albanisch gekleidete Herren und das Herausputzen der sich umschwärmt fühlenden Fiordiligi und Dorabella bringen wortwörtlich Farbe in das Geschehen. Ansonsten soll nichts von der so simplen und doch so tiefgründigen Handlung ablenken.

Katharina Sternberg spielt die Fiordiligi absolut überzeugend: Vom jungen, albernen, liebestrunkenen Mädchen bis zur von Treue überzeugten Dame, die sich schlussendlich den Versuchungen nicht erwehren kann, hat sie in Mimik und Gestik und vor allem in vokaler Flexibilität alles zu bieten. Auch Neele Kramer als Dorabella ist herausragend: Stimmgewaltig führt sie das Publikum durch ihre seelischen Wirrungen und nimmt durch ihr hervorragendes Schauspiel für sich ein. In der Rolle des Guglielmo glänzt Byung Kweon Jun mit einem reinen Bariton, der schauspielerisch lediglich durch die Untreue der Geliebten erschüttert wird. Als Ferrando kann Thorsteinn Sigurdsson in den solistischen Momenten mit ausgezeichneter Stimmführung überzeugen, lediglich beim Singen im Ensemble verliert seine Stimme etwas an Stärke und Durchsetzungsvermögen. Die eigentlich biedere Despina bringt die quirlige Wooyoung Choi stimmlich absolut wendig und darstellerisch sehr humorvoll auf die Bühne. Mit ihrer Pippi-Langstrumpf-Frisur nimmt sie sich selbst nicht allzu ernst und kann über die Liebestrunkenheit der Damen nur lächeln. Don Alfonso schließlich wird von Nikolas Kröger verkörpert. Er gibt ihn so listig, gar bösartig, überlegen, aber in wenigen Szenen auch so verletzlich, dass  der intrigante Strippenzieher fast sympathisch wirkt.

Das Dirigat liegt an diesem Abend in den Händen der jungen  Yoon-Jee Kim. Sie führt das Orchester präzise und zielsicher bis zum letzten Ton des Abends durch die Vorstellung. In jeder ihrer Handbewegungen spürt der Zuschauer ihre hohe Konzentration, aber auch die Motivation, mit der sie das Orchester mitreißt und das Publikum vergessen lässt, dass dort eine Studentin und nicht ein „alter Hase“ am Pult steht.

Das Publikum ist begeistert. Es lacht über die urkomischen Kostüme der Albaner, es scheint, als dass es bei Ferrandos berühmter Arie Un‘aura amorosa vor Wohlklang vergeht, und es bedankt sich dafür mit viel Applaus nach fast jeder Nummer. Ein gelungener Abend, der vielen sicherlich noch auf dem Nachhauseweg ein seliges Lächeln auf die Lippen zaubert.

Agnes Beckmann






 
Fotos: Nico Herzog