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Fakten zur Aufführung 

LE NOZZE DI FIGARO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
12. Oktober 2012
(Premiere am 18. November 1990)

Staatsoper Hamburg


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Tag der Leiden und Tollheiten

Regisseur Johannes Schaaf macht es seinem Hamburger Publikum leicht und angenehm. Er inszeniert Mozarts Le Nozze di Figaro als romantisch-lockeres Lustspiel, das auf jeden modernen Zusatz verzichtet. Interpretationsnuancen finden sich in dem gelungenen materialreichen Begleitheft. Die Besucher freut der Regieansatz, wie der – zu – häufige Szenen- und Arienapplaus zeigt.

Bühnenbild und Kostüme von Ezio Toffolutti versetzen die Besucher in das höfische Ambiente des französischen Hochadels um 1780: Hochherrschaftliche, großzügige Räume, mit wenigen Säulen angedeutet, wallende Kleider der Damen, gemessenes Tempo markieren den „Tollen Tag“, auf den unaufhaltsam das fröhlich-frivole Treiben bei Hofe zusteuert. Ein wütender Eingriff des Königs ist nicht zu befürchten, Spott und Satire werden wohl dosiert gestreut.

Trotz der überschaubaren zwölf Rollen gerät das Leben im Palast und auf der Bühne immer unübersichtlicher. Zu groß sind Langeweile, Spiellust und erotische Neugier am französischen Hof. Die Sängerinnen und Sänger haben viel Spielraum, ihre Rollen lustvoll auszuspielen. Das gelingt vor allem Danielle de Niese als Susanna, die mit überschäumendem Temperament und einem leuchtend-leichten Sopran Tempo auf die Bühne bringt. Ailyn Perez steht ihr – rollenbedingt dezenter – als Gräfin mit etwas dunkler gefärbter Sopranstimme kaum nach, beide sind die stimmlichen Highlights der Aufführung. Dem Grafen Almaviva gibt Viktor Rud mit überzeugendem Bariton die lässige Arroganz, wie Beaumarchais sie sich wünscht. Wilhelm Schwinghammer zeichnet mit vollem Bass und vielseitigem Spiel glaubwürdig die vielen Nuancen des Figaro und die gewünschte „Fröhlichkeit und Witz“. Die übrigen Partien, darunter Rebecca Jo Loebs Cherubin, Renate Spinglers Marcellina und die Barbarina von Solen Mainguené sind stimmlich bestens besetzt und überzeugen. Der Chor, von Christian Günther sicher einstudiert, ist der unverzichtbare Klangkörper bei allen Festen und Bühnenszenen. Der erfahrene Stefan Soltesz hat mit den Hamburger Philharmonikern ein ebenso erfahrenes Orchester zur Hand, das er angenehm zurück hält, um den Solisten reichlich Raum zu lassen.

Lorenzo da Ponte, den ein Schauspiel Beaucharmais' zu seinem Libretto animierte, sieht in seinem Textentwurf ein „vortreffliches Lustspiel“, in dem die „Verschiedenheit der Fäden“ die Wirren der Gesellschaft um 1780 am französischen Hof skizziert und karikiert. Diese Idee hat die Hamburger Staatsoper mit ihrer Figaro-Aufführung aufgenommen und überzeugend auf die Bühne gebracht. Mit ausgezeichneten Stimmen und einem souveränen Orchester gelingt eine Inszenierung, die die Besucher bestens unterhält und sie erheitert nach Hause gehen lässt. Von dem temperamentvollen Spiel der Susanna mag sich mancher auch etwas mehr beim Orchester gewünscht haben. Nachdem dann „alle Verkleidungen gelüftet werden“ und das Fest beginnt, bedankt sich ein zufriedenes Publikum mit anhaltendem Beifall.

Horst Dichanz

Foto: Helga Kneidl