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Fakten zur Aufführung 

SCHAHRAZADE
(Bernhard Sekles)
30. November 2013
(Premiere)

Opernhaus Halle


Points of Honor                      

Musik

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Gesungene Tausendundeine Nacht

Bernhard Sekles (1872 – 1934) ist heutzutage nur Spezialisten bekannt. Dabei gehörte er bis zu seinem Tod zu den arrivierten Musikern seiner Zeit. Er war Komponist, anerkannter wie beliebter Lehrer, unter anderem von Hindemith, und ab 1928 Rektor des Frankfurter Hochschen Konservatoriums. In dieser Funktion gründete er die erste deutsche Jazzklasse. 1933 wurde er aufgrund seiner jüdischen Abstammung dieses Amtes enthoben, und seine Werke durften nicht mehr gespielt werden. Er starb 1934 relativ unerwartet an Tuberkulose, wohl zusätzlich geschwächt durch das ihm widerfahrene Schicksal.

Auf Initiative von Intendant Axel Köhler, der vor Jahren auf den Klavierauszug gestoßen war, erinnert das Opernhaus Halle jetzt mit der Wiederaufführung von Sekles’ Opernerstling Schahrazade an den Künstler. Was mit einigen Mühen im Vorfeld verbunden war, weil die verschollen geglaubte Partitur erst aufgestöbert und nach ihrem Fund in München eingerichtet werden musste.

Der Dreiakter, dessen Uraufführung 1917 in Mannheim unter der Leitung von Wilhelm Furtwängler stattfand, hat die Vorgeschichte der Tausendundeine-Nacht-Erzählungen zum Inhalt. Der Kalif Schahryar wird von seiner Gattin betrogen. Als Rache lässt er alle Frauen, mit denen er eine Nacht verbringt, töten. Erst Schahrazade gelingt es, den Bann zu brechen, in dem sie sich ihm freiwillig anbietet. Der Kalif schickt den Henker weg, das Märchenerzählen beginnt.

Im Programmheft ist viel von Aspekten der Psychoanalyse und Sexualität im Libretto die Rede. Doch Axel Köhler deutet diese Ebenen nur dezent an. Der Regisseur scheut sich nicht vor einer traditionellen, märchenhaften Inszenierung ohne aktuelle Anspielungen. Angenehm werkgetreu und geradlinig erzählt er die Geschichte von Schahrazade, passend unterstützt von der im arabischen Baustil gehaltenen Bilderbuchkulisse von Arne Walther und den orientalischen Kostümen von Henrike Bromber.

Gerd Vogel macht die Wandlung vom despotischen Kalifen zum Liebenden stimmlich wie gestalterisch eindringlich deutlich. Zunächst klingt der Bariton noch überwiegend herrisch, doch im Verlauf gewinnt er ihm auch wärmere Farben ab. Dass er sich von Schahrazade betören lässt, wundert angesichts des blendenden Äußeren von Anke Berndt nicht. Stimmlich überzeugt sie mit einem klaren, strapazierfähigen Sopran, dem es nur ein wenig an Wärme fehlt. Ideal besetzt ist Ines Lex als Schwester Dunyazade, die sie mit jugendlicher Frische und Anmut singt. Dem Großwesir Said-Fares verleiht Ki-Hyun Park einen wendigen, potenten Bass. Die nur relativ kurze Rolle des Omar wertet Ralph Ertel durch seinen heldisch strahlenden Tenor auf, ebenso prägt sich der eindrucksvolle Charaktertenor von Nils Giesecke als Obereunuch ein.

Josep Caballé-Domenech, frisch gebackener Generalmusikdirektor und demnächst an der Staatsoper Berlin engagiert, nimmt sich Sekles’ spätromantisch opulenter, mit exotischem Kolorit gewürzter Partitur mit großem Engagement an. Er bringt die Staatskapelle Halle prächtig zum Klingen und entwickelt mit ihr vom sinfonischen Vorspiel an einen intensiven musikalischen Sog.

Die Zuschauer, unter denen sich auch die Urenkelin des Komponisten befindet, zeigen sich von der Entdeckung sichtlich beeindruckt und feiern alle Mitwirkenden mit lang anhaltendem Beifall. Ob weiteres aus seinem Gesamtwerk wieder im öffentlichen Musikleben auftauchen wird, bleibt abzuwarten. Die Oper Halle jedenfalls hat ihr Bestes getan, um Sekles Genugtuung widerfahren zu lassen.

Karin Coper







Fotos: Falk Wenzel