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Fakten zur Aufführung 

LOHENGRIN
(Richard Wagner)
29. Oktober 2011
(Premiere)

Nordharzer Städtebundtheater Halberstadt


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

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Historiendrama

Da feiert ein traditionsreiches Theater seine 200. Spielzeit - und die „Theaterträger“ (die Städte Halberstadt und Quedlinburg, der Kreis Harz und das Land Sachsen-Anhalt) werkeln an seiner Abwicklung.

Mit einem mutig und kompetent gestemmten Lohengrin beweist das politisch gepiesackte Haus seine unübersehbare Kraft. Der ehemalige Intendant Kay Metzger, jetzt Detmold, inszeniert ein Historiendrama, versucht die Wagnerschen Aversionen gegen die politischen Realitäten in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu zeigen – mit ihren restaurativen Tendenzen, mit dem schier unausrottbaren feudalen Zwängen, mit den scheiternden Freiheitsbewegungen. Aber es wollen sich die Parallelitäten der Zeit Heinrichs, der im übrigen in Quedlinburg begraben ist, mit der restaurativen Periode und ihren ultramontanen Tendenzen nicht recht vermitteln, es entwickelt sich keine überzeugende „Geschichte“ – zumal im Programmheft diverse andere Lesarten (Künstlerdrama, Liebe und Mythos, das Tragische, Religion als Gefühl) externer Autoren angeboten werden.

Petra Mollerus baut eine Bühne auf der Bühne, nutzt perspektivisch versetzte Säulen zu kommunikativen Räumen, die in einem geheimnisvollen Prospekt mit mythischen Projektionen  enden, der am Ende das brennende Inferno zeigt.

Johannes Rieger – Musik-Direktor und Intendant – entfacht mit dem bravourösen Orchester des Nordharzer Städtebundtheaters im Graben einen Wagnerklang, der mit perfekten Piano-Passagen und kontrollierten Crescendi die innere Dramatik des Geschehens nachgerade atemraubend vermittelt.

Wolfgang Schwaninger beweist seine beachtenswerte stimmliche Flexibilität als ausdrucksstarker Heldentenor, gewinnt vor allem mit der Grals-Erzählung beeindruckende Statur. Er ist der einzige Gast im Halberstädter Ensemble. Mit Gerlind Schröder ist ein äußerst variabler Mezzo als Ortrud zu hören. Katharina Warken gibt mit ihrem hellen Sopran der Elsa emotionalisierend-nuancierenden Klang. Juha Koskelas Telramund überzeugt als kraftvoll-variabler Bariton. Der Heerrufer findet in dem selbstsicher intonierenden Gijs Nijkamp  die angemessene stimmliche Verkörperung. Klaus-Uwe Rein geht als König Heinrich bis an die Grenzen seines sonor-timbrierten Basses.

Und der Chor, verstärkt durch den Coruso-Chor, brilliert unter der Leitung von Jan Rozenahl mit staunenswertem kollektiven Gesang, beeindruckt vor allem in den so diffizil-effektvollen Übergängen vom Männerchor zu den Frauenstimmen.

Das heterogene Publikum – Junge und Alte, Alt-Abonnenten und newcomer, Einheimische und auswärtige Wagner-Enthusiasten – rätselt in den Pausen über die „Bedeutung“ des Gesehenen, feiert am Schluss alle Protagonisten mit Jubel, Trampeln, rhythmischem Klatschen und standing ovations.

Warum bei einer solchen Zustimmung versteckt ausgelegte Unterschriftenlisten gegen den beabsichtigten „Theatertod“ nicht offensiver präsentiert werden: das liegt wohl an der unprofessionellen Ahnungslosigkeit der Halberstädter „Kommunikations-Abteilung“.

Franz R. Stuke






 
Fotos: Theater Halberstadt