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Fakten zur Aufführung 

GOYA
(Gian Carlo Menotti)
21. Juni 2011
(Premiere: 18. Juni 2011)

Stadttheater Gießen


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Gesang und Musik à la ... ?

Gian Carlo Menotti (1911–2007) war eine animierende Figur in der kommunikativen Musiktheater-Szene – liiert mit Samuel Barber, vernetzt mit nahezu allen „wichtigen“ Opern-Akteuren weltweit. Ein musikalisches Chamäleon – mit enormer Resonanz.

Placido Domingo animierte den phantasievollen Eklektiker zur Goya-Oper: ein emotionsreiches Sujet, konfliktreich, sex and crime, mit voraussehbaren Affinitäten im potentiellen Publikum. Menottis Komposition ist gespeist aus einer fulminanten Melodik – bedient sich der Belcanto-Tradition, verachtet nicht „moderne“ Einflüsse a la Strawinsky, Rimsky-Korsakow oder Gershwin, und reduziert sein Libretto auf die Goya-Affäre mit der Herzogin von Alba, sein Dilemma als „dienender“ Hofmaler mit unbegriffenem „revolutionärem“ Impetus und seinem tragischen Ende.

Das Stadttheater Gießen war klug beraten, dieses Opus eines kreativ-unverbindlichen „Weltgeistes“ – der im übrigen mehrere Spielzeiten vor Ort als Regisseur arbeitete! – konzertant zu präsentieren; und für die Hauptrollen hochkompetente Solisten zu engagieren!

German Villar ist ein Tenor, dem es über die gesamten zweieinhalb Stunden gelingt, seine ungemein substanzreiche Stimme in permanenter Emotionalität sowohl legatoreich-perfekt als auch dramatisch-angreifend zu gestalten – und dabei die quälenden Selbstzweifel Goyas zu vermitteln!

Giuseppina Piunti ist nicht nur als attraktive Erscheinung eine erotisierende Doria Cayetana , sie überzeugt vor allem mit einem wandlungsfähigen Sopran – schmeichelnd in der Mittellage, aggressiv in den kontrollierten Höhen, mit nachgerade „dämonischen“ Tiefen! Schade, dass Menotti dieser Rolle viel zu wenig Beachtung geschenkt hat.

Carla Maffioletti gibt der eifersüchtigen Königin Maria Luisa variierende Stimm-Interpretation; Alexander Herzog ist mit interpretationsreicher Stimme ein eifernd-standesbewusster König; Stephan Bootz singt den Godoy mit zuverlässigem Bariton; Matthias Ludwig beeindruckt als sonorer Zapater; und Heike Heber nutzt die Chancen zu überzeugenden Auftritten als Sängerin und Kammerzofe.

Der Chor – platziert in den Rangen – beweist unter Jan Hoffmann enorme Einfühlsamkeit als „Kommentator“ der emotionalen Handlungs-Elemente.

Das Philharmonische Orchester Gießen interpretiert diesen Rundumschlag durch die Musikgeschichte außerordentlich souverän: da stimmen die je spezifischen „Stimmungen“, da kommunizieren die Instrumentengruppen, da brillieren die Solo-Instrumente, da ergibt sich ein schwelgender Gesamtklang.

GMD Carlos Spierer – acht Jahre lang Inspirator des Orchesters – verabschiedet sich mit diesem fulminanten „Konzert“ aus Gießen: Das Publikum bedankt sich mit betont herzlichem Applaus, ausgesprochen stilvoll ohne spektakuläres Getue!

So funktioniert es wohl, das aufgeklärt-anspruchsvolle Auditorium einer durchaus selbstbewussten Universitätsstadt.

Franz R. Stuke