Aufstand
Da redet die heutige Welt über den „kommenden Aufstand“ - und da ist er in der Braunfels-Oper von 1913 über den Geusen-Aufstand im 16. Jahrhundert gegen die spanischen Herrscher fast körperlich greifbar: Die bedrängten Bürger versuchen sich zu arrangieren, die aufständischen Geusen revoltieren - doch der unkalkulierbare Ulenspiegel bringt das Gewalt-Regime ins Wanken!
Walter Braunfels komponiert eine Musik in der Tradition der Spätromantik, kennt sich aber offensichtlich aus in den Attitüden „moderner“ Musik mit atonalen Irritationen und dramatischen Steigerungen: Das Philharmonische Orchester Gera-Altenburg intoniert diese faszinierend-dramatische Musik unter dem souveränen Jens Troester mit engagierter Verve – allerdings bisweilen überbordend, die Solisten unangemessen herausfordernd.
Stephan Braunfels – renommierter Architekt, Enkel des großartigen Komponisten – stellt raumbildende Elemente auf die Bühne: vertikal versetzte Wände, Spielflächen mit Abschlüssen und Öffnungen in relevante Räume!
Matthias Oldag gibt den revolutionären Parteien – Bürger, Geusen – kollektive Prägnanz, gibt dem konsequenten Klas und dem „guten Engel“ Nele die Aura der unzerstörbaren moralischen Kraft – und lässt dem unkonventionell-„aufständischen“ Ulenspiegel die Rolle des emotional herausgeforderten „Revolutionärs“.
Keith Boldt gibt einen darstellerisch-stimmlich aufrührerischen Ulenspiegel; Marie-Luise Dreßen verleiht der Nele intensive Emotionalität; Bernhard Hänsch singt den Klas mit beeindruckender Stimme; mit Olaf Plassa als Profoß und Teruhiko Komori als Geusen-Anführer sind typengerechte Darsteller zu erleben mit souveräner stimmlicher Präsenz.
Das Ensemble Gera-Altenburg beeindruckt durch individuelles Engagement – so wie der von Ueli Häsler einstudierte Opernchor kollektiv brilliert.
Im Gera-Theater verbreitet sich gespannte Stimmung – der Schluss-Applaus ist eine Dokumentation exorbitanter Opern-Begeisterung!
Franz R. Stuke
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