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Fakten zur Aufführung 

TRISTAN UND ISOLDE
(Richard Wagner)
8. April 2011 (Premiere)

Theater & Philharmonie Thüringen
Bühnen der Stadt Gera


Points of Honor                      

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Magische Momente

Es gibt beglückende Opern-Abende, da stimmt einfach alles: Gesang, Musik, Publikum, Ambiente. Der 8. April 2011 in Gera wird als ein solcher in Erinnerung bleiben – bei allen die dabei sein durften!

Die als „konzertant“ angekündigte Aufführung entpuppt sich als fünfeinhalbstündiges „Ereignis“ mit frappierenden Bewegungschoreografien in den Foyers, tonlosen Film-Projektionen berühmter Tristan-Inszenierungen (Lehnhoff, Heiner Müller, Kirchner) im großen Theatersaal, mit einer unaufdringlich-kommunikativen Präsentation von Fotos historischer und aktueller Wagner-Inszenierungen in Gera; der Intendant persönlich liest im Chorsaal Gottfried von Straßburgs Tristan von 1215 – und im neoklassizistischen Konzertsaal im stilvoll restaurierten Theater wird nicht stur „rampen“-gesungen, sondern nahezu halbszenisch agiert!

Das hoch motivierte Sänger-Ensemble identifiziert sich mit den Rollen, reagiert stimuliert auf Präsentationen vom Rang, praktiziert interpretierende Auftritte und Abgänge, kommuniziert mit Publikum und Orchester.

Dara Hobbs singt eine äußerst ambivalente Isolde – von der Rächerin, zur Liebenden, zur Sterbenden – mit einem hinreißenden stimmlichen Fundus: dramatisch in den aggressiven Höhen, sinnlich in sicheren Tiefen, emotionalisierend in der ausdrucksvollen Mittellage – dazu mit faszinierender Mimik und handlungsleitenden Reaktionen auf die „Partner“!

Richard Decker überzeugt als Tristan im Wandel vom arroganten Macho zum leidenschaftlich Liebenden bis zur leidenden Selbstanklage; seine Stimme ist geprägt von beeindruckender kontrollierter Kraft mit variablem Ausdruck – die Tristan-Interpretation in Gera ist ein absolutes Highlight in seiner großartigen Karriere als Wagner-Sänger!

Beeindruckend wie Michael Vier mit seinem so persönlich-charakteristischen Bass-Bariton mit dem faszinierenden dunklen Timbre einen kraftvollen „Getreuen durch dick und dünn“ als Kurwenal auf die Bühne stellt: ohne Forcierungen seine stimmliche Potenz einsetzend.

Silvia Hablowetz gelingt die charakterisierende Gratwanderung der Brangäne sowohl als „Dienerin“ als auch als tief empfindende Freundin – mit einem flexiblen Mezzo, der in den Tiefen sinnlich stimuliert, in den Höhen ohne jegliche Schärfen brillieren kann: ein Vortrag, der geradezu nach weiteren großen Aufgaben ruft.

Stephan Klemms Marke ist im Auftritt ein Monument unkorrigierbarer Prinzipien, geleitet durch eherne Prinzipien, aber im Tiefsten bestimmt durch Normen der „compassion“; und das gelingt mit einem makellos strömenden Bass, ausdrucksstark, legatorein, mit Tiefen, die wie von selbst fließen!

Bernhard Hänsch als Steuermann mit klar artikulierender Stimme; Michael Siemon mit interpretationssicherem Tenor als Seemann und Hirte; Günther Markwarth als zuverlässig intonierender Melot – sie sind mit ihrer Kompetenz entscheidend für den exorbitanten Gesamt-Eindruck „großen“ Wagner-Gesangs.

(So wie der Herrenchor mit seinen Beiträgen aus dem Off zu dem Stimm-Fest entscheidend beiträgt!)

Howard Arman, dem neuen GMD des Philharmonischen Orchesters Altenburg-Gera, geht es nicht um akademische Interpretation der „Wagner-Tradition“ – er engagiert sich für das authentische „Klangbild“, variiert die Tempi im Sinne subtiler Abstufungen – und das gelingt bravourös mit einem Orchester, das den leitenden Gesten folgt, seine eigene Kompetenz selbstbewusst einsetzt und – hörbar! - im Kollektiv musikalisch kommuniziert. Ergebnis: Sensibles Eingehen auf die Situation der Sänger, harmonischer Klang der Instrumentengruppen, prononcieren von brillanten Einzel-Instrumenten.

Das ungemein konzentrierte Publikum im intimen Konzertsaal versteht vom ersten Moment an diese vibrierende Intensität, applaudiert schon nach den ersten Akten begeistert und feiert alle Akteure am Ende geradezu leidenschaftlich mit Trampeln, rhythmischem Klatschen und Standing Ovations eine Viertelstunde lang. In Gera hat die Oper – wieder mal – ihre Attraktivität bewiesen!

Franz R. Stuke

 


 

Fotos: Stephan Walzl