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Fakten zur Aufführung 

DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR
(Otto Nicolai)
21. April 2013
(Premiere am 8. März 2013)

Bühnen der Stadt Gera


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Komödiantischer Intrigantenstadel

Otto Nicolais 1849 uraufgeführte Oper steht in der Singspiel-Tradition der damaligen Zeit. Die musikalischen Nummern sind also mit gesprochenen Dialogen verbunden, was dem Regisseur einen großen Spielraum lässt. Nicolai bewegt sich, wie auch die Bezeichnung komisch-fantastische Oper zeigt, musikalisch einerseits zwischen der romantischen Oper im Stil von Carl Maria von Weber  und andererseits zwischen den komischen Opern eines Albert Lortzing. Auf die romantische Seite gehören die Liebesszenen zwischen Anna und Fenton, die Geister- und Elfenmusiken und natürlich der Mondaufgang. Das Buffo-Element kommt in der Figur des alten lüsternen Falstaff, den trotteligen Ehemännern und den beiden von Anna verschmähten Möchtegernliebhabern zum Tragen.

So ist es auch ein buntes, manchmal etwas schräges Feuerwerk an szenischen Gags, das Regisseur Ansgar Weigner auf die Bühne gebracht hat. Zwei Handlungsstränge werden in diesem Werk miteinander verwoben und führen zu komischen Verwicklungen. Das gleichzeitige kecke Werben des alten dicken Sir John Falstaff um zwei verheiratete Frauen, die ihrerseits ihre etwas dümmlichen Ehemänner an der Nase herumführen, und die zunächst unglückliche Liebe der jungen Anna zu ihrem Fenton, der sich zwei aalglatte Konkurrenten vom Leibe halten muss, sind die beiden Handlungsebenen. Die Szenenabfolge wird in den ersten beiden Aufzügen eher slapstickartig mit bewusst provozierten Lacheffekten dargestellt, während der dritte Aufzug völlig anders konzipiert ist. Hier wird das Geschehen als lebendiger Albtraum für Falstaff inszeniert, mit Grabstein nebst Inschrift. Nicht immer ist der rote Faden der Inszenierung nachvollziehbar, und Weigner lässt seine Inszenierung schön seicht an der Oberfläche plänkeln, es wird weder moralisiert noch provoziert. Es sind nette und witzige Bilder ohne tiefergehenden Interpretationsansatz, einfach nur Unterhaltung.

Jan Hofmann konzipiert das Bühnenbild in einfachen, bunten Aufbauten, die der eigenen Fantasie viel Spielraum lassen, insbesondere im märchenhaften dritten Aufzug im Wald. Hilke Försters Kostüme sind bunt, manchmal etwas schrill und keiner bestimmten Zeitspanne zuzuordnen. Besonders gut gelungen sind die Fantasiekostüme für den Chor im dritten Aufzug in der Wald-Szene.

Der mittlerweile 75-jährige Rolf Wollrad als Sir John Falstaff ist eindeutig das Ereignis dieser Inszenierung, die ihm auf den Leib geschneidert ist. Sein markanter Bass ist immer noch fest und profund, sein Spielwitz und sein Schalk unnachahmlich, und es ist einfach nur eine Freude, diesen großen Routinier mit all seiner Bühnenerfahrung in dieser Rolle noch einmal zu erleben. Sein Flirt mit den beiden Damen ist eher charmante Noblesse alter Schule als grobes Draufgängertum.

Katie Bolding als Frau Fluth überzeugt vor allem durch ihr komödiantisches Intrigenspiel, dem sowohl ihr eifersüchtiger Ehemann als auch der dicke Sir John Falstaff zum Opfer fallen. Ihr Koloratur-Sopran ist für diese Partie allerdings etwas zu leicht, es fehlt die Dramatik insbesondere in ihrer großen Arie und in dem Eingangsduett mit Frau Reich. An ihrer Textverständlichkeit muss Katie Bolding noch dringend arbeiten. Die junge Mezzosopranistin Chrysanthi Spitadi gibt die neugierige Nachbarin Frau Reich mit witziger Attitüde und tiefwarmen Timbre. Johannes Beck stellt den Herrn Fluth herrlich komisch als eifersüchtiger Trottel mit polterndem Bass dar, während Kai Wefer als Herr Reich eher etwas zurückhaltend deklamiert.

Die Koloratursoubrette Paula Rummel als Frau Reichs Tochter Anna ragt neben Rolf Wollrad aus dem Sängerensemble heraus. Ihr glockenklarer heller Sopran und ihre unschuldig naive Spielweise sind die besonderen Momente an diesem Nachmittag. Erik Slik als ihr geliebter Fenton liefert darstellerisch eine ansprechende Leistung ab, während sein Tenor in den Höhen manchmal etwas angestrengt klingt und die Stimmführung zu eng gerät. Alexander Voigt gibt den Junker Spärlich als Gottlieb-Wendehals-Verschnitt und Florian Götz als Dr. Cajus kommt über die Rolle als Knallcharge nicht heraus.

Ueli Häsler hat den Chor, der eine große Spielfreude an den Tag legt, gut eingestellt, auch wenn es in der einen oder anderen Szene mal etwas klappert. Jens Troester am Pult beginnt stark, die Ouvertüre ist farbenreich nuanciert herausgearbeitet, doch dann verflacht sein Dirigat. Da gibt es keine stilistischen Überraschungen mehr, es plätschert eher musikalisch dahin. Die Orchestermusiker machen es ihm allerdings auch nicht immer leicht, zu viele Verspieler, insbesondere bei den Hörnern, trüben des musikalischen Gesamteindruck.

Das Abo-Publikum, insgesamt sehr unruhig und undiszipliniert, spendet am Schluss zwar freundlichen Applaus, doch mehr ist nicht drin. Vielleicht liegt es an der Uhrzeit, einem frühen Sonntagnachmittag, dass die Konzentration auf das Werk einfach nicht da ist, und diese Atmosphäre hat sich leider auch teilweise auf das Ensemble übertragen.

Andreas H. Hölscher







Fotos: Stephan Walzl