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Fakten zur Aufführung 

LA TRAVIATA
(Giuseppe Verdi)
17. Dezember 2011
(Premiere)

Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen


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Die Hoffnung stirbt

Nach der melancholisch-wehmütigen Ouvertüre hebt sich der Vorhang und gibt schwarze Schatten frei, Figuren, die am Bühnenrand stehen und dann langsam ins Licht zurückweichen – der Chor. Das Bild überrascht und beeindruckt. Der Chor dreht einen bühnenfüllenden  sandsteinfarbigen Quader, und Violetta begrüßt in ihrem rot ausgestatteten Salon das lebenslustige Paris um 1840. Sie trägt ein bodenlanges goldglitzerndes Kleid, Indiz ihres ausschweifenden Lebens. Bereits im ersten Akt begegnen dem Zuhörer einige der berühmtesten und populärsten musikalischen Nummern der Oper, denen vor allem Alexandra Lubchansky als Violetta mit ausgewogenem, klaren Sopran Klang verleiht. Der melancholische Grundton der Musik ist schon hier allerdings unüberhörbar, er wird sich noch steigern. Violetta ist von ihrer Krankheit gezeichnet. In Daniel Magdal als Alfredo hat Violetta einen ebenbürtigen Partner, der mit sicherem Tenor seinen wechselnden Stimmungen Ausdruck verleiht. Vor allem im 3. Akt gewinnt seine Stimme in der Höhe an Glanz. Alexandra Lubchansky und Daniel Magdal tragen somit durch ihre Leistungen einen wesentlichen Teil der Aufführung. Ein Publikumsliebling ist zweifellos auch Günter Papendell in der Rolle des Giorgio Germont, der dem Vater wuchtiges Gewicht verleiht und die Partie auch stimmlich mit seinem Bariton ganz ausfüllt. Ihn kennen die Gelsenkirchener noch von seinem früheren dreijährigen Engagement am Musiktheater im Revier (MiR). Mit Almuth Herbst als Annina, E. Mark Murphy als Gastone sowie Nikolai Miassojedov als Barone Douphol und Dong-Won Seo als Dottore Grenvil ergänzen die kleinen Partien das Ensemble mit sicher geführten Stimmen.

Im dritten Akt verdichten sich Dramatik und Gefühlsaufwallungen bis zum tragischen Schluss. Auch die letzte Begegnung mit Alfredo und seine Entschuldigung können Violetta nicht mehr von der Last ihrer Krankheit befreien. Auf abgedunkelter Bühne steht Violetta im senkrechten, kalt weissen Scheinwerfer und singt mit ergreifendem Ausdruck ihren Abschied. Sie stirbt aufrecht stehend – Spot aus. Ein ungewöhnlicher, bewegender Bühnentod.

Michael Schulz hat die Oper zurückhaltend inszeniert, die Musik steht im Vordergrund, sehr zum Nutzen der Aufführung. Das Bühnenbild von Dirk Becker unterstützt die unaufdringliche Inszenierung wirkungsvoll, gibt ihr elegante Züge. Mit einfachen großen, multifunktionalen Elementen in Sandsteinfarben gibt er der Bühne Struktur und den Protagonisten Raum, den sie sängerisch und gestalterisch nutzen. Auch die Kostüme von Martina Feldmann bleiben farblich und stilistisch in diesem Rahmen, lediglich zum großen Ball präsentiert sie ein breites Panorama der Mode vor allem der Damen der besseren Gesellschaft um 1840 in Paris und schwelgt in Modellen, Stoffen und Farben. Patrick Fuchs setzt die Lichtakzente mit überraschenden Effekten. Ein besonderes Lob verdienen Chor und Extrachor des MiR, die Christian Jeub einstudiert hat. Selten sind derart markante, klare und auf den Punkt genaue Chöre zu hören.

Rasmus Baumann führt die Neue Philharmonie Westfalen und die Chöre mit sicherer Hand und lässt Verdis Partitur klangvoll glänzen.

Dieser Traviata ist nicht anzumerken, dass sie eine der am meisten gespielten Werke Verdis ist, sie wirkt frisch und originell. Das Publikum bedankt sich für eine gelungene, lebendige Inszenierung und eine hervorragende musikalische Umsetzung mit rauschendem, lang anhaltendem Beifall.

Horst Dichanz

 



Fotos: Karl Forster