Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DIE SIEBEN TODSÜNDEN
(Kurt Weill)
10. Mai 2011
(Premiere: 30. April 2011)

Musiktheater im Revier Gelsenkirchen


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


Audiobeitrag

Wenn Sie auf die erste Taste klicken, hören Sie den Audiobeitrag von Opernnetz-Herausgeber Franz R. Stuke.

 

zurück       Leserbrief

Prima Jugendorchester!

Das so umtriebige Musiktheater im Revier aktiviert mit dem MiR-Jugendorchester jugendliche Musiker in professionellen Produktionen: Das sozusagen „auf Zuruf“ jährlich neu entstehende Orchester begleitet das MiR-Ensemble nach harter Probenarbeit mit nachgerade ausgefuchster Professionalität. Clemens Jüngling leitet die jungen Musiker behutsam-aufmerksam zu einem erstaunlich „authentischen“ Weill-Klang, mit kommentierend-grummelnden Streicher-Bässen, mit exaltiert-präzisem Blech, mit integrierten Solo-Instrumenten (Holzbläser, Akkordeon) - mit viel Sinn für harte Rhythmen, differenzierte Tempi und eindrucksvolle Dynamik.
Phasen nachlassender Konzentration kratzen nur geringfügig an dem exzellenten Gesamt-Eindruck!
Hanna Dora Sturludottir und Noriko Ogawa-Yatake geben die zwiegespaltene Anna auf ihrem „Leidensweg“ über die Sieben Todsünden mit intensivem Spiel und stimmlich variabler Artikulation. So wie Michael Dahmen, Lars-Oliver Rühl, Dong-Won Seo als Annas bedrängende Familie szenisch überzeugen, und die Weill-Songs auch a-cappella differenziert präsentieren. Mark Bowman-Hester gibt als zynisch-indoktrinärer „Moderator“ einen undurchsichtigen Charakter mit stimmlicher Prägnanz.
Alexander von Pfeil geht es mit seiner abstrahierenden Regie offenbar um die sehr persönlich interpretierte Umsetzung der Brechtschen Theatertheorie, nicht um die so berechtigte ideologische Kritik an den inhumanen Wirkungen des gnadenlosen Kapitalismus. Theater als Ort der Aufklärung ist für diesen Regisseur wohl nicht relevant: Er steht für eine Ästhetik als Selbstzweck, ohne aggressiven kritischen Anspruch – und da hilft auch der „Happy End“-Appendix mit dem finalen Surabaya-Johnny nicht weiter!
Entsprechend die konventionell-schematische Bühne von Piero Vinciguerra: ein paar Sitze in einem undefinierbaren Raum des ständigen Transfers: So what?
Das Publikum im Kleinen Haus – nicht gerade überfüllt – versucht das verrätselte Geschehen zu entziffern, erahnt die unterdrückte Weill-Brecht-Botschaft und applaudiert heftig und langanhaltend den Solisten und dem bravourösen MiR-Jugendorchester!

Franz R. Stuke