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Fakten zur Aufführung 

DER SPIELER
(Sergej S. Prokofjew)
13. Januar 2013
(Premiere)

Oper Frankfurt


Points of Honor                      

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Lustgewinn und Niedergang im Casino

Groteske Szenen spielen sich in Roulettenburg ab. Eine morbide Exil-Gesellschaft sucht ihr Glück im Spiel, leichten Herzens werden Schulden angehäuft, und beim Bankrott – heute nennt man den Privatinsolvenz – werden Tränen des Selbstmitleids vergossen. Sergej Prokofjew hat in seiner 1929 in Brüssel uraufgeführten Oper Der Spieler ein sarkastisch-satirisches Bild von Menschen entworfen, deren sinnentleertes Leben sich allein auf den masochistischen Lustgewinn beim Spiel zu fokussieren scheint. Elemente aus dem zaristischen Russland mit seinem seltsamen Ehrenkodex werden dabei mit dem Lebensgefühl der 1920-er Jahre zusammengespannt, wo Frauen plötzlich Hosen tragen und vielleicht auch anhaben, und ganz cool die Zigarette schmauchen.

In der Frankfurter Erstaufführung tummeln sich die Figuren auf einer schräg gestellten Roulettescheibe, daneben weiß gehaltenes, knappes Mobiliar, auf dem sich die schöne Polina, Stieftochter des vertrottelten Generals, von den Anstrengungen des Lebens ausruht. Denn sie wird heftig begehrt von Hauslehrer Alexej, der am liebsten ihr Sklave wäre und ihr Geld verspielt. Und so weiter, und so weiter, allein Tante Babuschka könnte den General, der gerade im Frack sich der Lächerlichkeit preisgibt, per Erbe noch retten. Doch ihr erhofftes baldiges Ableben entpuppt sich als Illusion, wenn Tantchen im Rollstuhl anreist und ihr Geld verspielt. Gegen Ende sprengt Alexej die Bank und will Polina aus der Klemme helfen. Die gibt sich ihm mit bösem Spott hin und wirft ihm sein Geld um die Ohren. Alexej setzt sich die Pistole an die Schläfe, Ende der Vorstellung.

Darf man Harry Kupfer Altmeister nennen? Seine Inszenierung jedenfalls wirkt frisch, weil er die Groteske in den Vordergrund stellt. Das passt hervorragend, zumal die Bühne von Hans Schavernoch und die Kostüme von Yan Tax Raum geben, um die Absurdität der Situation zu ermöglichen. Der Horizont lässt im Rastermaß der Opernhausfassade allerlei Bildprojektionen zu, einschließlich eines auf die Erde zurasenden Meteoriten. Klar, Endzeitstimmung ist angesagt, doch durchaus verspielt und munter verbrämt.

In der Besetzungsliste fällt besonders der Name Anja Silja auf; die große Sängerdarstellerin brilliert als Tante Babuschka. Der intensive Tenor von Frank van Aken bestimmt den Abend mit, rein figürlich scheint er als „junger Hauslehrer Alexej“ etwas zu wuchtig. Barbara Zechmeister zeigt mit schlankem Sopran die verführerische Polina, Clive Bayley mit rundem Bass den vertrottelten General. Hell in Spiel und Gesang profiliert Martin Mitterrutzner den Marquis, der Menschen gerne manipuliert, und Sungkon Kim gibt dem Engländer Mr. Astley hintergründige Züge. Claudia Mahnke führt die Blanche als attraktive Frau vor, Peter Marsh den Fürsten Nilski als skurrilen Außenseiter. Für die Spielbankszenen steht zudem ein Riesenaufgebot aus Choristen, Ensemblemitgliedern, Gesangsstudenten und Mitgliedern des Opernstudios zur Verfügung.

Sebastian Weigle gestaltet am Pult des Frankfurter Museums- und Opernorchesters gewohnt souverän und intensiv. Der motorische Prokofjew-Drang und die feine Figurenzeichnung gehen dabei eine ausgezeichnete Symbiose ein.

Das Premierenpublikum ist hellauf begeistert.

Eckhard Britsch

 



Fotos: Monika Rittershaus