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Fakten zur Aufführung 

PENTHESILEA
(Othmar Schoeck)
4. September 2011
(Premiere)

Oper Frankfurt am Mein


Points of Honor                      

Musik

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Heiße Liebe und rasende Wut

Perfekter Saisonstart an der Oper Frankfurt im Kleist-Jahr. Dessen monumentales Trauerspiel Penthesilea wurde vom Schweizer Othmar Schoeck 1927 als griffig-grelle Oper in einem Aufzug komprimiert. Es herrscht Krieg zwischen den Amazonen mit ihrer Herrin Penthesilea und den Griechen um ihren Halbgott Achilles. Der ist schön und stark, sie ist unbezwinglich und attraktiv. Potz Blitz, das muss doch was werden. Die Herzen scheinen über die Feindschaft zu triumphieren, doch einige Missverständnisse führen zur Tragödie, wenn bei Penthesilea die heiße Liebe zu rasender Wut mutiert und der waffenlose Achilles im Dandy-Straßenanzug zerfleischt wird. Schade drum, denn sie wären doch ein so schönes, kraftvolles Paar.

Was zeigt Hans Neuenfels, dessen Basler Inszenierung aus dem Jahr 2007 die Oper Frankfurt wiederaufleben lässt? Dass Frauen die besseren, effektiveren Männer sein wollen, womit eine Analogie zu derzeitigen Mechanismen etwa im Berufsleben hergestellt wäre? Er und seine ausgezeichnete Kostümbildnerin Elina Schnizler lassen die Amazonen als diszipliniertes Bataillon mit Pfeil und Bogen auftreten, während die Griechen als zusammengewürfelter Haufen erscheinen, wie ein Panoptikum aus Abenteuerromanen mit Zorro und Bruchpilot, mit Lederstrumpf und Pirat. Es entsteht ein Patt, und die Liebe zerschellt an äußeren Umständen, denn sowohl die Amazonen als auch die  Griechen halten es nicht aus, wenn ihre Anführer den Kampf zu Gunsten der Herzen einstellen wollen. Und die kurzzeitig Glücklichen scheitern, weil ihnen die Kraft uneingeschränkten Vertrauens fehlt. Schicksal nennt man das in der Antike.

Dumm gelaufen? Prächtig hingegen die Umsetzung dieser Produktion, denn der Zusammenprall der Gegenwelten wird optisch und szenisch mit Biss, Härte und Sensibilität vorgeführt. Die Musik von Othmar Schoeck (1886-1957) illustriert in origineller Instrumentierung knallhart und grell die Handlung, was von Dirigent Alexander Liebreich und dem Frankfurter Museumsorchester ebenso fulminant umgesetzt wird, wie der  Opernchor (Matthias Köhler; Michael Clark) die heftigen Ausbrüche brillant wiedergibt. Schoeck zählt zu jenen Sinnsuchern in einer stürmischen Umbruchszeit nach dem ersten Weltkrieg; sein Liebesduett Penthesilea-Achilles, auf weißem Ross zelebriert, gehört auch deshalb zu den wunderbaren Erfindungen des 20. Jahrhunderts, weil Tanja Ariane Baumgartner mit ihrem herrlichen Mezzo das Publikum begeistert, und Simon Neal mit seinem zu Innigkeit und dunkler Kraft fähigen Bariton den kongenialen Partner abgibt.

Die weiteren Partien sind mit Marion Amman (Prothoe), Britta Stallmeister (Meroe), Katharina Magiera (Oberpriesterin), Oda Pretzschner (Oberste), Guy Mannheim (Diomedes) und Dietrich Volle (Herold) angemessen gut besetzt, und das Ensemble kann Spiel und Gesang im kühlen Bühnenbild von Gisbert Jäkel mit antiken Bauzitaten ausgezeichnet entfalten.

Unter die Haut gehende Intensität kennzeichnet die Saisoneröffnung in Frankfurt, die mit sehr großem Beifall aufgenommen wird.   

Eckhard Britsch

Fotos: Monika Rittershaus